53. Der strenge Mann.

[164] Es war einmal ein Mann, der heirathete die Tochter des Predigers, und nach der Trauung sagte der Prediger zu ihm: er müsse seine Tochter erst ordentlich ziehen, sie zum Fleiß anhalten und ihren Eigenwillen brechen, er selbst sei zu gut gegen sie gewesen, bat ihn aber zugleich, er solle seiner Tochter den Schimpf nicht anthun, daß er sie schlüge. Allein der Mann sah bald, daß seine Frau ohne Schläge nicht gebessert werden könne. Da holte er sich einen rechtschaffenen Knüppel aus dem Holzlande und so oft sie nun eine Speise verdorben hatte oder ungehorsam war, sagte er: "Die Katze soll die Schläge dafür haben." Dann mußte seine Frau die Katze auf den Rücken nehmen, und dann schlug er darauf los, bis die Katze halbtodt war und die Frau stürzte. Nun schämte sich aber auch die Frau, ihrem Vater zu bekennen, daß sie Schläge bekomme, und ihren Mägden und ihren Freundinnen sagte sie auch nur, wenn die die Streiche gehört hatten, daß ihr Mann die Katze prügle. Als das[164] aber eine Weile so gedauert hatte, ging die Frau in sich, that in Allem den Willen ihres Mannes und lebte mit ihm in Frieden und in Glück.

Quelle:
Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, S. 164-165.
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