Nr. 6. Die Sage von der Roßtrappe.

[5] Mündlich wird jetzt die Sage vom Roßtrappfelsen auf vielerlei Art erzählt. Man berichtet, eine Prinzessin sei von sieben Brüdern verfolgt und habe ein verwünschtes Pferd geritten, das sie über den Abgrund geführet und seinen Huf in den[5] Felsen eingeschlagen habe. Die Prinzessin selbst sitze aber jetzt im Bodekessel, der keinen Grund hat, weil er verwünschet ist. Die Krone habe sie während des Sprunges zu Roß verloren und sie sei in den Kronensumpf, Chresol oder »Kranal« gefallen. Dort habe eine Wassernixe sie gesucht, aber nicht gefunden und sei nicht wieder zum Vorscheine gekommen. Nach einigen Erzählungen liegt in diesem Sumpfe ein Bär und ein Löwe, auch ein Drache soll sich dort befinden.

Es wird auch erzählt, der älteste, größte und dickste von den Brüdern sei der große Christoph, der sei jetzt versteinert im großen Propststuhle unter der Roßtrappe, wo er einen großen Hund bei sich sitzen habe. Andere sagen, der große Christoph sitze mit den sieben Brüdern über dem Kronensumpfe.

Quelle:
Heinrich Pröhle: Harzsagen, zum Teil in der Mundart der Gebirgsbewohner. Leipzig 21886, S. 5-6.
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