I.

[162] Des wilden Jägers Jagdzug wird auf dem Oberharze zumeist in der Gegend der Altenau und des Bruchberges, an den Vorbergen des Brockens erblicket und es scheinet, daß man ihn meist vom Brocken herkommend denket, wo er einen Ausjageplatz hat und sich dort auf dem alten Wetterberge mit Wind und Wetter zu schaffen macht. In Lerbach sagt man, daß der wilde Jäger während des Gewitters umhergehe und rufe: »Wer will Fleisch?« Dann darf ihm aber bei Leibe[162] niemand antworten. – Vor vielen Jahren sind einmal zwei Frauen, eine namens W.... und die andere namens L....., aus der Altenau ins Gras nach dem Ochsenberge, der wohl eine Stunde von der Altenau lieget, gegangen. Weil es nun sehr heiß gewesen ist, so haben sie alles, was sie angehabt haben, bis aufs Hemd und den Rock ausgezogen. Beide haben sich schon ihre Trachten geschnitten und sind eben am Zurechtmachen derselben, als sie auf einmal ein Sausen und Brausen und etwas wie Pferdegewieher in der Luft hören. Schnell laufen sie, Grastracht, Zeug und alles, was sie bei sich gehabt haben, im Stiche lassend, davon, nach Hause. Wie sie aber wohl meinen, daß der wilde Jäger, denn sie haben gedacht, daß derselbe es gewesen, durchgezogen sei, da gehen sie mit Zittern und Beben wieder hin an den Ochsenberg nach ihrer Grastracht, ziehen ihr Zeug geschwind an, hocken ihre Tracht auf und machen sich davon.

Quelle:
Heinrich Pröhle: Harzsagen, zum Teil in der Mundart der Gebirgsbewohner. Leipzig 21886, S. 162-163.
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