Zehnter Auftritt

[208] Jungfer Fröhlichin. Herr Gotthart. Die Vorigen.


JUNGFER FRÖHLICHIN lachend. Nun, Herr Vetter, den Sermon sollten Sie gehöret haben! Meine Tage habe ich ein so lustiges Abschiedskompliment nicht gehöret. Es war mehr eine juristische Protestationsschrift als ein Kompliment. Sie hat wohl hundertmal protestiert, wofern sie etwas gesprochen hätte, das mir nicht angenehm gewesen wäre, so wollte sie es doch nicht in der Absicht gesagt haben, mich zu beleidigen. Ich wollte wohl darauf schwören, daß Sie sie mit Ihrer Furchtsamkeit angesteckt haben.

ERNST GOTTHART. Wie? bin ich furchtsam gewesen?

HERR GOTTHART. Freilich hast du deine hypochondristischen Mucken wieder gehabt: und ich habe dich doch so sehr gebeten, du sollst dir deine Krankheit nicht so merken lassen.

ERNST GOTTHART beschämt. Ach, liebster Herr Vater! ich hoffe,[208] der Herr Vetter und die Jungfer Muhme werden es nicht ungütig deuten. Die Frau Kreuzin stöhnte so viel, daß ich endlich mitstöhnte.

HERR GOTTHART. Hast du sie denn nun gefragt, was du von ihr wissen wolltest?

ERNST GOTTHART blöde. Nein, Herr Vater. Die Jungfer Muhme sagte, der Herr Vetter wären auch einmal hypochondrisch gewesen und doch gesund worden. Da dachte ich, ich täte besser, daß ich ihn fragte, was er gebraucht hätte, als die Frau Kreuzin, die noch diese Stunde krank ist.

HERR GOTTHART verdrießlich. Nun, so hätte ich auch ihres verdrießlichen Besuchs überhoben sein können.

JUNGFER FRÖHLICHIN. Ei, Herr Vetter, zum mindesten ist mir der Besuch der Frau Kreuzin sehr angenehm gewesen. Ich hätte kein größeres Vergnügen haben können, als ich gehabt habe. Ich habe in dieser halben Stunde mehr gelacht, als wenn ich einen halben Tag Pfand gespielt hätte.

HERR FRÖHLICH. Ja! ja! du bist immer lustig, Lieschen; und wenn du auch bei deiner seligen Mutter ihrem Sarge säßest.

JUNGFER FRÖHLICHIN. Ei, warum nicht, Herr Vater? Mit Pinseln und Klagen weckte ich sie doch nicht wieder auf.

HERR FRÖHLICH. Das ist wohl wahr: aber höre, was hast du dem Herrn Vetter für Wind vorgemacht? ich hätte vor diesem auch die Hypochondrie gehabt? Wie kannst du das sagen? Er winkt ihr immer mit den Augen.

JUNGFER FRÖHLICHIN. Ja, freilich, Herr Vater, haben Sie's nicht ... Verwirrt. Je ... haben Sie es nicht gehabt, so haben Sie sich auch nicht daran dörfen kurieren lassen. Ich wollte nur gern dem Herrn Vetter was vorreden. Er tat mir so ängstlich, wie die Kreuzin davon anfing, daß es mich jammerte. Ich muß ihn ja ein bißchen auslachen. Sie lacht.

HERR FRÖHLICH. Ei, du könntest mich aber mit deinem Geschwätze in der Leute Mund bringen! das ist mir ungelegen!

JUNGFER FRÖHLICHIN. Nun, lieber Herr Vater! ich habe ja nichts mehr gesagt, als daß Sie es nur vor diesem gehabt hätten; jetzt aber hätten Sie es gar nicht mehr. Das ist ja nichts Böses! Gesetzt, ich hätte gesagt, Sie hätten vor zehn Jahren ein Fieber gehabt und in der Phantasie allerhand seltsame Dinge angegeben: wäre Ihnen denn das eine Schande? Wenn Sie nur wieder davon genesen sind.[209]

HERR GOTTHART. Nun, Herr Vetter, wofern es Ihnen beliebt, so wollen wir anjetzt ein wenig in meine Wohnstube gehen, da ist die Aussicht schöner als hier. Heinrich soll uns Tabak und Pfeifen bringen.

HERR FRÖHLICH. Ja, ja, Herr Vetter! ich habe gern eine freie Aussicht. In meinem Hause kann ich aus einem Zimmer in fünf Gassen sehen.

JUNGFER FRÖHLICHIN. Da stehe ich manchen halben Tag am Fenster oder vor der Türe und lache alle possierlichen Leute aus, die vorbeigehen und närrisch Zeug machen.

HERR GOTTHART. Nun, so kommen Sie.

ERNST GOTTHART. Ich werde die Ehre haben, Sie zu führen. Er gibt der Jungfer Fröhlichin die Hand.

JUNGFER FRÖHLICHIN. So recht, Herr Vetter! kommen Sie nur mit mir, ich will Sie noch recht munter und lustig machen!


Sie gehen alle ab.


Ende des dritten Aufzuges.


Quelle:
Die bürgerliche Gemeinschaftskultur der vierziger Jahre. Herausgegeben von Prof. Dr. Brüggemann, Leipzig 1933, S. 208-210.
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