Sechstes Kapitel.

[50] Wie nach des Streites Beylegung Panurg mit Zinshahnen um einen Hammel feilscht.


Nachdem der Streit schon beygelegt und ganz gestillt war, sprach Panurg heimlich zu Epistemon und Bruder Jahnen: Geht itzt ein wenig hie auf die Seit und habt zu eurer Kurzweil acht auf das was vorgehn wird. Es giebt einen guten Schwank, wenn der Strick nicht reißt. Kehrt' sich drauf zum Kaufmann und bracht ihm noch einen Humpen voll guten Latern-Weins. Der Kaufmann thät ihm auch ganz munter in aller Zucht und Höflichkeit Bescheid darauf. Demnächst bat ihn Panurg devotest, ihm doch, um Gunst! seiner Hammel einen abzulassen. Der Kaufmann antwort: Ai, ai, mein Freund, Herr Nachbar, wie ihr doch arme Leut so fatzen könnt! Ihr seyd mir traun ein feiner Kunde! Seh eins den wackern Hammel-Käufer. Potz Dufft! mehr wie ein Beutelschneider, denn Hammel-Käufer schaut ihr mir aus. Potz Schwenzilenz![50] Bey euch käm einer mit vollem Beutel auf dem Glatteis im Kuttelhof gut an. He, he, he, wer euch nicht kennt', dem gäbt ihrs schön zu rathen auf. Schaut ihn nur an, ihr lieben Leut, ob er nicht thut wie ein Chronikschreiber!

Sacht sacht, nur sacht, antwort Panurg: doch, wie ich sag, verkauft mir aus besonderer Gunst eurer Hammel einen. Wie theuer das Stuck? – Was, spricht der Kaufmann, denkt ihr mein Freund, Herr Nachbar? Dieß sind Langwollen-Hammel: daher stammt Jasons güldnes Fließ. Von denen ist der Bugundische Hausorden entsprungen. Levantische Hammel, Hochstamm-Hammel! Schmeerbauch-Hammel! – Wohl, spricht Panurg; allein, um Gunst, verkauft mir einen, und aus Ursach. Ich zahl euch baar und prompt dafür in Ponentischer Münz, in Buschholz-Münz, in Schmalbauch-Münz. Wie theuer das Stuck?

Mein Freund, Herr Nachbar, antwort der Kaufmann, horcht mal ein wenig auf, da drüben mit euerm andern Ohr.

Panurg. Zu dienen.

Der Kaufmann. Ihr reiset nach Laternen-Land?

Panurg. Ja.

Der Kaufmann. Und ihr wollt die Welt sehn?

Panurg. Ja.

Der Kaufmann. Lustiglich?

Panurg. Ja.

Der Kaufmann. Hans Schöps ist, glaub ich, euer Nam?

Panurg. Wenn's euch beliebt.

Der Kaufmann. Doch nichts für ungut.

Panurg. Ich mein's auch so.

Der Kaufmann. Ihr seyd, glaub' ich, des Königs Lustiger?

Panurg. Ja.

Der Kaufmann. Ha, ha! Schlagt ein. Ihr reist also die Welt zu sehen, ihr seid des Königs Lustiger, euer Nam ist Hans Schöps. Seht mal den Schöps da: er heißt just Hans, wie ihr; Hans, Hans, Hans, Hans, Bäh, Bäh, Bäh, Bäh! O schöne Stimm!

[51] Panurg. Gar schön und lieblich!

Der Kaufmann. Hört den Pakt an, Herr Freund und Nachbar, den wir zusamen schliessen wollen. Ihr, der ihr Hans Schöps seyd stellt euch hie in die Wagschaal: mein Schöps Hans da in die andr'; ich wett' ein Hundert Austern von Busch: mit seinem Gewicht, Werth und Gehalt schnellt er euch flugs so hoch und kurz in die Höh, als ihr am Galgen einst hängen und baumeln werdet.

Sacht, sprach Panurg, nur sacht. Doch thätet ihr viel an mir und euern Erben, wenn ihr ihn mir verkaufen wolltet, oder auch einen vom kleinen Chor. Ich bitt euch drum, Herr Domine. – Mein Freund, Herr Nachbar, spricht der Kaufmann, aus diesen Hammel-Fliessen macht man das feine Tuch von Rouen; die Woll zu den Limester-Sarschen ist purer Flauß dagegen. Aus der Haut macht man den schönen Saffian, den man verkauft für Türkischen, für Montelimarter, für Corduban zum mindesten. Aus den Därmen dreht man die Geigen- und Harfen-Saiten, und kommen euch so hoch zu stehn wie die Münchner und Aquilejer. Wo denkt ihr hin? – Wenn's euch beliebt, verkauft mir einen, sprach Panurg. Ich werd dafür auch unauflöslich euerm Thürschloß verknebelt bleiben. Schaut her, hie ist baar Geld. Wie theuer? Und damit wies er ihm sein Täschel voll neuer Henricus.

Quelle:
Rabelais, Franz: Gargantua und Pantagruel. 2 Bände, München, Leipzig 1911, Band 2, S. 50-52.
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