Drittes Kapitel.

[369] Von den Krankheiten dieses Jahres.


In diesem Jahre werden die Blinden fast wenig sehen, den Tauben das Hören blutsauer werden, die Stummen aber meist stille schweigen, die Reichen sich was besser gehaben[369] als die Armen, und die Gesunden besser denn die Kranken. Mehrere Hammel, Stier, Schwein, Hühner, Gäns und Enten werden sterben, und unter Affen und Dromedaren kein so erschrecklichs Sterben seyn. Das Alter ist dieß Jahr unheilbar, von wegen der vergangenen Jahr. Die Lungensiechen werden viel Schmerz in den Seiten spüren, und Die im Bauch durchlaufig sind, die werden häufig zu Stuhle gehen. Flüß und Katarrhi werden sich heuer vom Hirn in die untern Glieder schlagen. Das Augenweh wird dem Gesichte sehr schädlich; die Ohren in Gascogne noch kürzer und rarer als gewöhnlich seyn. Und wird schier durch die ganze Welt eine erschreckliche Seuch einreissen, höchst schauderhaft, unlustig, bös, heimtückisch furchtbar, grauerlich, die alle Welt verdutzt wird machen, daß Mancher nicht mehr wissen wird wo er das Kraut dafür suchen soll, ja ihrer Viel' in ihren Rüscheln den Stein der Weisen und Midä-Ohren werden erbrüten und dinkeln wollen: ich zittr und beb wenn ich dran denk, denn sie wird epidemisch seyn, das sag ich euch. Averroes 7 colliget nennt sie Geldmangel. Auch in Hinsicht des Cometen vom vorigen Jahr und des Saturns Rückläufigkeit, wird im Spital ein grosser Rekel voll Grind und Flüss und Aussatz sterben, bey dessen Tod wird Krieg entstehn zwischen Katzen und Ratzen, Hunden und Hasen, Falken und Enten, Mönchen und Eyern.

Quelle:
Rabelais, Franz: Gargantua und Pantagruel. 2 Bände, München, Leipzig 1911, Band 2, S. 369-370.
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