Siebenter Auftritt


[34] Linda. Quecksilber.


LINDA. Was hör ich denn da für einen Lärm? Wer liegt denn da auf den Boden? Der Fremde! Ach der arme Narr! Er rührt sich gar nicht. Er wird doch nicht tot sein? Mir wird völlig Angst! Rüttelt ihn. Sie, gnädiger Herr! leben Sie noch? machen Sie einem doch nicht so Angst, wenn S' tot sind, so sagen Sies!

QUECKSILBER richtet sich auf. Wo bin ich? Leb ich noch?

LINDA ängstlich. Ich weiß nicht!

QUECKSILBER. Wer ist hier? Ha! ein Frauenzimmer? Aus meinen Augen, Schlange.

LINDA. Du lieber Himmel, er hat den Verstand verloren.

QUECKSILBER. Ich den Verstand? Hahaha! Kann der Elefant seine Flügel verlieren? Die Katze ihre Aufrichtigkeit? Der Hase seinen Mut? Das Kamel seine schlanke Taille?

LINDA. Gehen S' und richten S' die Tier nicht so aus.

QUECKSILBER. Kannst du einem Sesselträger seine Zartheit rauben, einem Kipfelweib ihre Verschwiegenheit und einem Schusterbuben seine Bescheidenheit? Kannst du einem Menschen seine Zufriedenheit entreißen, der gerade fünfundzwanzig bekommen soll?[34]

LINDA. Nein, was Sie zusammenreden –

QUECKSILBER. Ehe ich einen Verstand verliere, ehe wird sich der Mond einen Carbonari und die Sonne einen Willschur machen lassen.

LINDA. Ich bitte Sie, hören S' einmal auf von den unsinnigen Diskurs. Ich hab Ihnen für einen so guten Menschen gehalten!

QUECKSILBER. Oh, ich hab sie auch für gut gehalten!

LINDA. Wen?

QUECKSILBER. Wen? Deine Gebieterin, die saubere Mamsell.

LINDA. Was hat sie Ihnen denn getan?

QUECKSILBER. Sie hat mir das Zauberhorn entwendet.

LINDA. Nun, da haben wirs! So bin ich schon zu spät gekommen; ich hab Sie warnen wollen vor ihrer List; sie machts allen so. Hätten Sie sich nur nicht in sie verliebt, wären S' gleich zu mir gekommen!

QUECKSILBER. Hätten S' was gsagt.

LINDA. Sie gefallen mir recht gut.

QUECKSILBER. Lassen Sie mich gehen! Ich bin zu desperat.

LINDA. Sein S' gut, ich bitt Ihnen! Hören S'? –

QUECKSILBER im Zorn. Mich, mich so zu betrügen. Sieht Linda an. S' ist ein sauberes Mädl. Zornig. So zu hintergehen! Sieht Linda an. Die hübschen Augen, die s' hat. Wie oben. Nein! nein! Wie oben. Das Mädel gefallt mir, bei der bleib ich! –

LINDA. Ich werde Sie gewiß recht gern haben. Sie haben Ihr Horn verloren? Machen Sie sich nichts draus.

QUECKSILBER. Sie setzen mir ein anders auf?

LINDA. Ich will Ihnen mein Herz dafür geben, Sie können freilich damit keine Armee herblasen – aber einen einzelnen Verteidiger werden S' ewig an ihm haben. Tausend Getreue werden Ihnen nimmermehr zu Diensten stehen, aber wenn Sie an das Herzenstürl da anklopfen, so wird Ihnen eine treue Person entgegenkommen, und Sie werden sehen, wenn Sie mich heiraten: so werden Sie recht glücklich werden, und Sie werden auf alle Hörner vergessen.

QUECKSILBER. O du liebs Maderl du! Wie heißt denn?

LINDA. Linda![35]

QUECKSILBER. O du lieber Narr! Linda? der Name ist schon so lind wie eine samtne Schlafhauben. Nun gut, du sollst mein werden. Aber Rache muß ich haben. Mein Horn muß ich erobern, der Stab soll mir helfen. Rufe mir geschwind meine Leute und alles, was du im Palaste von Männern findest, zusammen. Jedem will ich eine Million zum Präsent machen, wenn sie mir durch List oder Gewalt mein Horn erobern; und dir verspreche ich goldene Berge zur Belohnung.

LINDA. Vivat! Ich krieg einen Mann. O du goldener Mann.

QUECKSILBER sich beim Rock fassend. Da kann man wohl sagen, du goldener Mann!

LINDA. Den laß ich nimmermehr aus! Ich bin gleich wieder da! Ab.


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 34-36.
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