Erster Auftritt


[67] Vorhalle im Palaste des Geisterkönigs. Zauberer. Feen. Geister. Einige mit Bittschriften. Ein Feuergeist.


CHOR.

Sollen wir noch lange harren?

Bald verläßt uns die Geduld!

Sind wir Geister seine Narren?

Unverzeihlich ist die Schuld.

FEE APRIKOSA. Welche Beleidigung, Damen so lange warten zu lassen, als wären sie seine Domestiken!

ALLE. Das ist unerhört!

ERSTER ZAUBERER. Ich frage, wie kann man ein Geisterkönig sein und so lange schlafen?

ZWEITER ZAUBERER. Und ich frage, wie kann man vernünftig sein und so unvernünftig reden? Geisterkönig ist er, er muß für uns alle wachen, folglich muß er auch für uns alle schlafen.

ERSTER ZAUBERER. Seine Pflicht heischt aber, unsere Bitten zu hören.

FEE AMARILLIS. Und er kümmert sich gar nicht um uns, spart seine Gunst nur für die Menschen auf.

ERSTER ZAUBERER. Er hat schon ungeheure Schätze der Luft entzogen und sie der Erde zugewendet.

ZWEITER ZAUBERER. Sehen Sie, darum bauen sich die Leute jetzt so viele Luftschlösser. Wenn nicht das Sterben bei ihnen noch Mode wäre, so gings dem Volk besser als uns.

FEE APRIKOSA. Was wollen Sie denn? Er hat ja erst gestern einen Menschen, den er auf der Erde kennengelernt hat,[67] unter die Geister aufgenommen, weil ihn bei dem letzten Wetter der Blitz erschlagen hat.

ERSTER ZAUBERER. Ja richtig, er heißt Zephises, war Taschenspieler und soll noch dazu ein blitzdummer Kerl sein.

ZWEITER ZAUBERER. Sehr natürlich! Dumm war er so schon, der Blitz hat ihn auch getroffen, also ist er blitzdumm.

FEE AMARILLIS. Der Zauberkönig verschwendet zu viel.

FEE APRIKOSA. Und richtet er nicht das ganze Reich nach der Erde ein? Wir werden noch alle Moden von Paris und Wien herauf bekommen.

FEE AMARILLIS. Ja, wenn nur an seinem Zauberhofe noch französisch gesprochen würde, das wäre doch nobel, aber seit er in Wien war, spricht er wienerisch, und wir sollen es nachmachen.

ZWEITER ZAUBERER. Ich habs schon nachgemacht.

FEE AMARILLIS. Schämen Sie sich, wenn man das im Auslande erfährt. Das wird entsetzlich werden.

ERSTER ZAUBERER UND FEE APRIKOSA. Ja, unerhört!

ZWEITER ZAUBERER. Ich weiß, es kommt ein Krieg aus bloß wegen dem. Aber wissen Sie, er denkt halt so, und so sollen manche denken: besser schön lokal reden als schlecht hochdeutsch.

FEE APRIKOSA. Kurz, die Menschen haben ihn ganz verdorben, er ist nicht mehr zu kennen.

ERSTER ZAUBERER. Er läßt sie ja scharenweise zu sich heraufkommen und gewährt ihnen ihre Bitten.

ALLE. Wahr ists!

FEUERGEIST ganz rot gekleidet, rotes Gesicht und rote Hände, er hat die ganze Szene behorcht. Potz Pech und Schwefel, das ist zu viel! Ich bin ein Feuergeist, Oberfeuerwerker und Kanonier des Zauberkönigs! Wer kann sagen, daß seit drei Jahren eine menschliche Seele in seinen Palast gekommen ist? Bin ich nicht auf seine Kosten nach Neapel gereist, um den Vesuv aufzunehmen und einen ähnlichen über seinen Palast zu bauen? Ist das nicht geschehen? Potz Blausäure und Vitriolöl![68]

FEE APRIKOSA. Und warum ist es geschehen? Damit wir ihn nicht so oft belästigen und mit unsern Wolkenwagen jetzt durch den Krater fahren müssen wie die Hexen durch den Rauchfang.

FEUERGEIST. Nein, potz Pech und Schwefel! damit er von der Menschheit Ruhe bekommt, die sein Vertrauen gemißbraucht und sich durch verschiedene magische Künste in sein Reich filoutiert hat, um ihn mit Betteleien zu belästigen.

ZWEITER ZAUBERER. Ja, ja, so ist der Kaffee.

ERSTER ZAUBERER. Ei was, das müssen Sie Narren weismachen –

FEUERGEIST. Aber ins Teuxels Namen, das tu ich ja. Und wers nicht glauben will, den sollen alle Congreveschen Raketen –

ZWEITER ZAUBERER gleich einfallend. Nu, nu, mein Herr Feuergeist und Oberkanonier, moderieren Sie sich nur! Sie zünden ja sonst den Palast an mit Ihren Raketen.

ALLE. Werft ihn hinaus. Hinaus mit ihm!

FEUERGEIST. Was? einen Feuergeist hinauswerfen?

ZWEITER ZAUBERER. Da haben wir schon andere hinausgeworfen.

FEUERGEIST. Beim Brand von Moskau, das ist zu viel – Mit geballter Faust. Wer mir in die Nähe kommt, dem werf ich eine Leuchtkugel an den Kopf, daß ihm das bengalische Feuer aus den Augen spritzen soll –


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 67-69.
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