Fünfter Auftritt


[108] Pamphilius. Vorige.


LONGIMANUS zu Pamphilius. Laß ihnen meine zwei alten Drachen einspannen, die ich vor meinem Galawagen hab, das sind doch ein paar sichere Tier.

PAMPHILIUS. Mächtiger Herrscher, das ist unmöglich! Der Handige hat sich einen Flügel gebrochen.

LONGIMANUS. Da hast es ja. Das ist von dem gschwinden Fahren. Jetzt darf ich wieder langmächtig suchen, bis ich einen gleichen dazu krieg. Weißt du was? Fahr du in einem Luftballon, und wo er mit dir niedergeht, dort probier dein Glück. Gehts hinüber in die Schupfen um einen Luftballon. Der Kolibri soll kutschieren. Pamphilius geht ab. Also viel Glück – für ein schöns Wetter werd ich schon sorgen. Und wollt ihr andere Kleider, nur drüben mein Schneider sagen, in fünf Minuten sind sie fertig.

EDUARD. Hoher Geisterfürst! Mit mutigem Vertrauen trete ich meine Reise an, mein höchstes Glück liegt in deiner Hand. Verbeugt sich und geht ab.

FLORIAN. Mächtiger Zauberfürst und wohlgeborner Zechmeister der löblichen Geisterzunft! Mit der erbarmungswürdigsten Tremarola tret ich meine Reise an, haben Sie Mitleid mit meiner schwachen Konstitution, und denken Sie, daß ein Mensch keine solche Schmerzen mehr auszustehen vermag, der sich erst vor kurzem noch so herumgepudelt hat. Will ab.

LONGIMANUS. So wart Er noch ein wenig! Das ist ein närrischer Mensch! Es geschieht Ihm ja nichts, wegen was lamentiert Er gar a so?

FLORIAN. Sehen Euer Herrlichkeit, mir ist nur, wenn ich[108] eine verrissene Physiognomie bekäme, meine Mariandl schauet mich in ihrem Leben nicht mehr an.

LONGIMANUS. Was ist denn das für eine Person, die Mariandl? Ist s' denn gar so hübsch?

FLORIAN. No, wann S' was gspannen, das ist eine barbarische Schönheit. Die ganze Welt darf man ausreisen, es gibt keine – Ach, ich glaub nicht, daß man in der Wallachei eine findt.

LONGIMANUS. Nu, bravo! Die muß Er mir einmal aufführen.

FLORIAN lacht. Ah nein! Euer Herrlichkeit sind gar ein Gspaßiger! Sie könnten mir s' abwendig machen.

LONGIMANUS. So sei Er nur nicht so kindisch, was fallt Ihm denn ein?

FLORIAN. Nein, nein! Was nützt denn das? Ich gib s' nicht aus der Hand. Wer mir meine Mariandel stehlet, der war ein Kind des blassen Todes! Ha! da würde ja gerauft! Euer Herrlichkeit sind ein stattlicher Mann, aber die Schlag möcht ich Ihnen nicht wünschen, denn meine Mariandel ist meine einzige Passion!


Arie


D' Mariandel ist so schön,

D' Mariandel gilt mir alls,

Und wenn ich s' nur erwischen kann,

Fall ich ihr um den Hals.

Es gibt zwar der Mariandeln viel

Auf dieser weiten Welt,

Doch keine, die so herzig ist

Und die mir so gefällt.


D' Mariandel ist so zart,

Ja, ich gesteh es frei,

Bis sie ein halbes Knödel ißt,

Derweil hab ich schon drei.

Und wenn ich oft recht hungrig bin,

Zerspringt ihr fast das Herz,

Da lauft s' nur gschwind in d' Kuchel 'naus

Und kocht mir einen Sterz.[109]


D' Mariandel ist so treu

D' Mariandel ist so frumm,

Und wenn ich s' nicht bald z' sehen krieg,

So bring ich mich noch um.

Denn wer nur a Mariandel hat,

Der weiß es so wie ich,

Nicht wahr? so oft man an sie denkt,

So gibts eim einen Stich!


Ab.


Repetition


D' Mariandel ist gar gscheid,

D' Mariandel ist nicht dumm,

D' Mariandel meint, in Wien dahier

Wär's beste Publikum!

Drum glaub ich der Mariandel auch,

Sie hat mich nicht vexiert,

Ich hab auf ihren Spruch vertraut

Und hab mich nicht geirrt!


Ab.


LONGIMANUS allein. Jetzt haben s' schon Zeit ghabt, daß sie gegangen sind. Nicht einmal sein Schalerl Kaffee kann man mit Ruhe trinken. Ruft. Pamphilius!


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 108-110.
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