Vierzehnter Auftritt


[230] Verwandlung.

Das Innere eines Bierhauses.

Verschiedene Gäste an Tischen. Der Schuster. Der Spengler. Ein Fremder. Der Wirt. Der Kellner. Seitwärts eine Kredenz mit Zimenten. Rückwärts hängt ein Kastel von schwarzem Papier, worauf transparent zu lesen ist: Heut spielt der berühmte Harfenist Nachtigall.

Kurze passende Musik zur Verwandlung.


CHOR.

Herrlich, prächtig, delikat

Sind die Speisen in der Tat,

Und der einzge Fehler ist,

Daß noch fehlt der Harfenist.

Sagt uns doch, Herr Wirt, einmal,

Wo bleibt denn der Nachtigall?


MEHRERE GÄSTE. Aber was ist denn das, Herr Wirt?

WIRT. Ich bitt Sie, meine Herren, sind S' nur nicht bös, daß der Harfenist noch nicht da ist. Mit den Menschen ists nicht zum Aushalten.

SCHUSTER. Wenn er nur nicht so grob wär mit den Gästen.

SPENGLER. Nein, das ist just recht, da hat man was z' lachen über ihn, er hat gute Einfälle, und so wahr!

SCHUSTER. Den Herrn hat er neulich ein Esel gheißen, das war ein guter Gedanken.

WIRT. Ja, es ist wahr, er ist der zweite Narrendattel, ich habe eine Menge Gäst wegen ihm, den Leuten gfallt seine Grobheit, aber er übernimmt sich, ich hab ihms schon gsagt, wie er noch wem beleidigt, muß er ausbleiben.

FREMDER. Ist das der Harfenist, der gestern gsungen hat? der kann ja gar nichts, da wird jetzt ein andrer kommen von Linz, den werden S' hören. He Kellner, eine Portion Schafköpfel.

KELLNER. Gleich, Euer Gnaden. Der Nachtigall kommt.

ALLE. Nu endlich einmal.


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 230-231.
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