Zweiter Auftritt


[422] Phalarius.


PHALARIUS allein.

Geh, Lügengeist, nie werde ich so sprechen,

So denken nur, war an dem Glück Verbrechen.

Nun fort, Phalarius, aus diesem Wald,

Damit dein Ruhm Sizilien durchschallt.

Doch kann ich baun auf dieser Krone Macht? –

Hollah! wer schreitet durch die Nacht?


Antrogäus mit königlichen Soldaten, welche mit Lanzen bewaffnet sind.


ANTROGÄUS von innen.

's ist Antrogäus und des Königs Wache.

PHALARIUS.

Willkommne Speere, dienet meiner Rache!

Du, Antrogäus, sollst der erste sein,

Den ich dein langverhaltnen Haß will weihn.


Alle eilen auf Phalarius zu.[422]


CHOR.

Du sollst nach Hofe kehrn, Phalar,

Der König wills –


Die Krone erblickend und erschrocken

zurückweichend.


Ha, welch ein Stern,

Den ich auf deiner Stirn gewahr?

Er hält mich drohend von dir fern,

Wie kann sein Anblick doch erschüttern!

Mich reißts zur Erd mit bangem Zittern,

Die Angst erpreßt den Ausruf mir:

Sei gnädig, Fürst, ich huldge dir!


Alle sinken bebend auf die Knie.


PHALARIUS wild lachend.

Haha! Was läßt mir wohl Kreon befehlen?

ANTROGÄUS.

Blick mild auf uns, dein Auge kann entseelen.

Es sendete Kreon nach dir uns aus,


Spricht mit beklemmter Brust.


Dich heimzuleiten nach dem Fürstenhaus,

Wo sich die Freude wälzt, Bachanten winken,

Dort sollst du reuig an die Brust ihm sinken

Und Abschied deinem düstern Grolle geben,

Dafür wird er zu neuer Würd dich heben.

PHALARIUS.

Verflucht sei der, der mir von Reue spricht.


Zieht sein Schwert und verwundet ihn.


Bereue du, wenn dir das Auge bricht.


Antrogäus wird ins Gebüsch geführt.


Verwahrt die Brust, mein durstger Stahl will trinken.

Er wird noch oft in Purpurscheide sinken.

Nun rafft euch auf und horcht auf mein Befehlen:

Ich will der Stadt ein Märlein dort erzählen

Von einem Siegesfest, wo die Mänaden wüten,

Der Sieger nur allein muß drauß im Walde brüten.

Von mächtig strahlnder Kron, die ihm der Orkus schenkt,

Von wütgem Rachgefühl, das seinen Arm dann lenkt.[423]

Von güldenem Palast am diamantnen See,

Wo Freudentaumel herrscht, nicht ahnend baldges Weh.

Vom Brand, der ihn ergreift, vom grausen Angstgeschrei,

Von Kreons letzter Stund, verzweiflungsvoller Reu,

Von Feinden waffenlos, die froh im Tanze schweifen,

Von Kriegern roh und wild, die sie wie Schergen greifen,

Vom glühenden Balkon, von dem man auf mein Winken

Sie wild frohlockend stürzt, daß sie im See ertrinken.

Dies Märlein wollen wir der Stadt zum besten geben,

Und wenn sie drob erbleicht, soll Frohsinn uns beleben.

Dann wird aus des Palastes schwarzgebrannten Trümmern

Der glänzende Pokal wie Sonnenaufgang schimmern.

Und unsre Fabel geb zum Schluß der Welt die Lehre,

Daß unbewachtes Glück auf Erd nicht lange währe.


Für sich mit unterdrückter Wut.


Ich will das meine wahrn, mich sehe keiner fallen.

Und müßt es auch geschehn, mein Ruhm kann nie verfallen,

Ich ringe mit der Zeit, es muß nach tausend Jahren

Die Sage von der Kron die Nachwelt noch erfahren.


Alle ab. Die Bäume biegen sich aufwärts.


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 422-424.
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