[338] Weish. 4, 10-14.
Was wird es endlich mit der Welt,
Die täglich mehr danieder fällt
In ihrem blut'gen Kriegsgetümmel?
Die Gottfurcht macht mehr keine Scheu,
Die Ewigkeit ist Dichterei,
Nichts ist die Hölle, nichts der Himmel;
Wen nicht das Leben irrig macht,
Der hat gewiß es hoch gebracht.
Was können bös' Exempel nicht?
Sieht man der Bosheit Ehrenlicht,
Wer ist der Unschuld gern beflissen?
Betünchet sich die falsche Lehr',
Wie leicht giebt einer ihr Gehör,
Der gern vor Andern was will wissen,
Und kehrt man bei der Wollust ein,
Wem schmecket Kummer, Müh' und Pein?
Ach liebster Gott, dies siehest du,
Deswegen eilest du zur Ruh'
Mit deinen Freunden von der Erden,
Daß ihre dir geweihte Seel'
Nicht des besorgten Weges fehl'
Noch mit verkehret möge werden.
Ihr Herz, das stets zu dir gericht,
Vergönnst du keinem Andern nicht.
[338]
Wer früh dein Friedensreich bezieht,
Der ist hierüber unbemüht,
Hat zwar hier wenig können werden,
Doch so auch wenig Schuld gemacht,
Und was ist das vor dir geacht,
Was einer dient der faulen Erden,
Die, wie sie selbst voll Mängel ist,
Auch hiernach unsre Arbeit mißt?
Bei dir ist unsre Herrlichkeit,
Die Ehre, die Vollkommenheit,
Wozu wir sind erschaffen worden.
Wer denn frühzeitig geht von hie,
Der wird bei dir vollkommen früh
In dem vollkommnen Engelorden
Und hat das Alterthum erreicht,
Dem auch Methusalem selbst weicht.
Was ein Gottloser lebet hier,
Das ist kein Leben, Herr, vor dir,
Er graut und hat doch nicht gelebet.
Wer sich dein Leben stellet für
Und folget nach, der lebt in dir
Das Leben, das kein Tod kann heben,
Er fällt nur, daß er sich erheb'
Und stirbet, daß er ewig leb'.
Thu, Vater, deinen Kindern wol
Und mach' uns deines Geistes voll,
Dein heil'ges Leben zu erfüllen.
Halt' uns zur Heimfahrt fertig hie,
Es sei denn langsam oder früh,
Das steht in deinem freien Willen;
Doch wer vor Andern dir gefällt,
Den nimmst du zeitig von der Welt.
Buchempfehlung
1889 erscheint unter dem Pseudonym Bjarne F. Holmsen diese erste gemeinsame Arbeit der beiden Freunde Arno Holz und Johannes Schlaf, die 1888 gemeinsame Wohnung bezogen hatten. Der Titelerzählung sind die kürzeren Texte »Der erste Schultag«, der den Schrecken eines Schulanfängers vor seinem gewalttätigen Lehrer beschreibt, und »Ein Tod«, der die letze Nacht eines Duellanten schildert, vorangestellt. »Papa Hamlet«, die mit Abstand wirkungsmächtigste Erzählung, beschreibt das Schiksal eines tobsüchtigen Schmierenschauspielers, der sein Kind tötet während er volltrunken in Hamletzitaten seine Jämmerlichkeit beklagt. Die Erzählung gilt als bahnbrechendes Paradebeispiel naturalistischer Dichtung.
90 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.
444 Seiten, 19.80 Euro