9.

Die Mutter Gottes in der Herrlichkeit

[312] Dir neigen Engel sich in tiefer Feier,

Und Heil'ge beten, wo dein Fußtritt wallt:

Glorreiche Himmelskönigin! dir hallt,

Die Gott besaitet hat, der Sphären Leier.


Dein Geist blickt sichtbar göttlich durch den Schleier

Der unverwelklich blühenden Gestalt;

Du trägst ein Kind voll hehrer Allgewalt,

Des Todes Sieger und der Welt Befreier.


O Jungfrau! Tochter des, den du gehegt!

Dein Schooß ward zu dem Heiligthum erwählet,

Wo selbst ihr Bild die Gottheit ausgeprägt.


Dein Leben hat das Leben neu beseelet.

Die ew'ge Liebe, die das Weltall trägt,

Ist unauflöslich uns durch dich vermählet.

Quelle:
August Wilhelm von Schlegel: Sämtliche Werke Band 1, Leipzig 1846, S. 312-313.
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