V, 13.

[107] Promenade.

Faustine, vornehm, und Praktinski, gewöhnlich gekleidet, treffen einander.


PRAKTINSKI.

Was schleichst du wieder hier auf diesen Wegen?!

Ist die Behausung für dich ein Magnet?!

Ich hab' erforschet, wie es steht:

Sein Schätzchen schwankt, ja kommet dir entgegen;

Sie läßt ihn seiner Wege geh'n.

FAUSTINE.

So werd' ich ihn heut' Abend seh'n?

PRAKTINSKI.

Voll schlüssig ist er nicht. Doch hoff' ich ihn zu locken.

Abwendigmachen ist dann deine Kunst.

Setz' dich mit Weiberschlichen ein in seine Gunst.

Ich helfe nach, wenn deine Mittel stocken.

Doch ich bin in der That ein Thor!

Arbeit' für meinen Konkurrenten;

Vergess' mir etwas selbst zu spenden;

Ersetze nur ein Spracherohr. –

Wie fändst du mich denn als Geliebten?

Ich wär' dir doch zu Willen voll.

Ich zähle zu den Durchgesiebten

Und treib' es nicht zu dick und toll.

Ganz stattlich ging ich dir zur Seite

Und freute mich, wie alles an dir blitzt.[107]

Beschaff' ich schon dir das Geschmeide,

Gehör' auch mein, woran es sitzt.

Verliebt in dich bin ich bis ob die Ohren:

Nun schaue mich gewährend an!

FAUSTINE.

Laß mich mit solchem Antrag ungeschoren!

Und komm' nie mehr damit an mich heran.

Wie wollt ihr armen Teufel lieben?!

Die Seele ist euch abgetrieben.

PRAKTINSKI.

So seid ihr Weiber nun! In's Unbekannte

Schweift beim Verlieben euer Blick.

Ihr kennt ihn nicht, für den das Herz entbrannte,

Und sucht auf's G'rathewohl das Glück.

Ihr schwöret unbeseh'n auf seine guten Seiten;

Erhob'ner Widerspruch, er reizt euch nur.

Beginnt das Bürschlein sich dann auszubreiten,

Steckt in der Haut von allem keine Spur.

FAUSTINE.

Laß mich mit meinem Reichthum ihn umhüllen:

Er wird ein Fürst im Prunksaal sein!

Fantastisch will ich lieben, ihn erfüllen

Mit der Erfindung Gold und Edelstein.

Nur in dem Glauben liegt der Liebe hohes Glück!

Die Wirklichkeit schraubt es zum Nichts zurück! –

Er kommt heut' Abend! Dessen bist du Bürge!

Wie schon die Hoffnung in der Brust mir wallt!

Ich fürcht', daß ich vor Eifersucht ihn würge,

Zeigt er sich meiner Neigung kalt. –

Ein Meer der Freude tobt in meinen Gliedern

Und schlägt gewellt bis an die Zunge an!

Vermag er so mein Werben zu erwidern,

So ist's für mich der rechte Mann!


Ab.
[108]


Quelle:
Schäfer, Wilhelm: Faustine, der weibliche Faust. Tragödie in sechs Aufzügen nebst einem Vorspiel und Prolog, Zürich 1898, S. 107-109.
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