829. Die Geisterschlacht bei Neuleiningen.

[353] Lehmann Geschichte des Klosters Limburg S. 24. Träume u. Schäume vom Rhein II., 92.


In der ersten Hälfte des zwölften Jahrhunderts ließ sich bei Neuleiningen ein seltsamer Spuck vernehmen. Aus einem Berge kam in gewissen Nächten eine bewaffnete Geisterschaar hervor, um auf der nahen Ebene eine große Schlacht zu schlagen. Es kam Jedermann vor, als stritten sie zu Fuß und zu Roß mit großem Getöse. Deutlich hörte man das Klirren der Waffen, das Schnauben und Stampfen der Rosse, das Stöhnen und Wehklagen der Verwundeten. Mit der neunten Stunde zog jedesmal das ganze Heer in den Berg zurück. Drei Jahre lang dauerte dieses Wesen, und obwohl viele Menschen, gelehrte und ungelehrte, herzukamen, es mit anzuhören: so wagte doch Niemand, dieser Geisterschlacht[353] sich zu nahen. Endlich kam der Abt Rupert vom Kloster Limburg bei Dürkheim, ein gelehrter und frommer Mann, und wartete eines Abends unter Gebet auf die Geister. In Schlachtordnung rückten sie aus dem Berge hervor und kämpften länger und wüthender als je. Als sie nun um neun Uhr den Rückzug antraten, stellte sich ihnen Abt Rupert an dem Berge gegenüber und beschwor sie im Namen Jesu, Halt zu machen und ihm Rede zu stehen. Sie standen, und er fragte, wer sie seien. Da sprach der Vorderste derselben: »Wir sind die armen Seelen derer, die vor etlichen Jahren im Kampfe gegen ihren rechtmäßigen Fürsten gefallen und unbegraben an diesem Berge liegen geblieben sind. Du siehst unsere Waffen, das Flämmchen aber, das du siehst, ist ein unerträgliches Feuer, das uns martert.« Der Abt fragte, ob sie nicht erlöst werden könnten. »O ja,« sagte jener: »durch Fasten, Beten, Almosengeben und Messelesen.« Darauf schrieen alle zusammen: orate pro nobis! orate pro nobis! und wurden ein Feuer und eine Flamme, bis sie im Berge verschwanden. Dreißig Tage lang ließ der Abt täglich dreißig Seelenmessen lesen, dann begab er sich wieder auf das Schlachtfeld der Geister, aber diese kamen nicht mehr zum Vorschein, und statt des wilden Getöses und Klagens hörte er ihren Jubelgesang in der Höhe.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 353-354.
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