Vierte Szene

[903] Ein andrer Teil des Feldes.


Getümmel. Angriffe. Norfolk kommt mit Truppen; zu ihm Catesby.


CATESBY.

Rettet, Mylord von Norfolk, rettet, rettet!

Der König tut mehr Wunder als ein Mensch

Und trotzt auf Tod und Leben, wer ihm steht;

Ihm fiel sein Pferd, und doch ficht er zu Fuß

Und späht nach Richmond in des Todes Schlund.

O rettet, Herr, sonst ist das Feld verloren!


Getümmel. König Richard tritt auf.


RICHARD.

Ein Pferd! ein Pferd! mein Königreich für 'n Pferd!

CATESBY.

Herr, weicht zurück! Ich helf' Euch an ein Pferd.

RICHARD.

Ich setzt' auf einen Wurf mein Leben, Knecht,

Und will der Würfel Ungefähr bestehn.

Ich denk', es sind sechs Richmonds hier im Feld:[903]

Fünf schlug ich schon an seiner Stelle tot.

Ein Pferd! ein Pferd! mein Königreich für 'n Pferd!

Alle ab.


Getümmel. König Richard und Richmond treten auf und gehen fechtend ab. Rückzug und Tusch. Hierauf kommen Richmond, Stanley mit der Krone, verschiedne andre Lords und Truppen.


RICHMOND.

Preis Gott und euren Waffen, Freunde, Sieger!

Das Feld ist unser, und der Bluthund tot.

STANLEY.

Wohl hast du dich gelöst, beherzter Richmond.

Sieh hier, dies langgeraubte Königskleinod

Hab' ich von des Elenden toten Schläfen

Gerissen, deine Stirn damit zu zieren.

Trag' es, genieß' es, bring' es hoch damit!

RICHMOND.

Zu allem spreche Gott im Himmel Amen.

Doch sag mir, lebt der junge Stanley noch?

STANLEY.

Er lebt und ist in Sicherheit in Leicester

Wohin wir uns, mein Fürst, begeben könnten,

Wenn's Euch beliebt.

RICHMOND.

Was für namhafte Männer

Sind in der Schlacht gefallen beiderseits?

STANLEY.

John Herzog Norfolk, Walter Lord Ferrers,

Sir Robert Brakenbury und Sir William Brandon.

RICHMOND.

Beerdigt sie, wie's ihrem Rang gebührt.

Ruft Gnade aus für die gefloh'ne Mannschaft,

Die unterwürfig zu uns wiederkehrt;

Und dann, worauf das Sakrament wir nahmen,

Vereinen wir die weiß' und rote Rose.

Der Himmel lächle diesem schönen Bund,

Der lang' auf ihre Feindschaft hat gezürnt!

Wer wär' Verräter g'nug, und sprach' nicht Amen?

England war lang' im Wahnsinn, schlug sich selbst:

Der Bruder, blind, vergoß des Bruders Blut;

Der Vater würgte rasch den eignen Sohn;

Der Sohn, gedrungen, ward des Vaters Schlächter;

All dies entzweiten York und Lancaster,

Entzweiet selbst in greulicher Entzweiung. –

Nun mögen Richmond und Elisabeth,[904]

Die echten Erben jedes Königshauses,

Durch Gottes schöne Fügung sich vereinen!

Mög' ihr Geschlecht (wenn es dein Will' ist, Gott!)

Die Folgezeit mit mildem Frieden segnen,

Mit lachendem Gedeihn und heitern Tagen!

Zerbrich der Bösen Waffe, gnäd'ger Gott,

Die diese Tage möchten wiederbringen,

Daß England weinen müßt' in Strömen Bluts!

Der lebe nicht und schmeck' des Landes Frucht,

Der heim des schönen Landes Frieden sucht!

Getilgt ist Zwist, gestreut des Friedens Samen:

Daß er hier lange blühe, Gott, sprich Amen!


Alle ab.[905]

Quelle:
William Shakespeare: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 3, Berlin: Aufbau, 1975.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
König Richard III.
Korol' richard 3 / Die Tragödie von König Richard III. / The Tragedy of King Richard the Third (in Russischer Sprache / Russisch / Russian / Buch / book / kniga)
König Richard III.
King Richard III / König Richard III. [Zweisprachig]
König Richard III.: Zweisprachige Ausgabe
Richard III / König Lear

Buchempfehlung

Auerbach, Berthold

Schwarzwälder Dorfgeschichten. Band 5-8

Schwarzwälder Dorfgeschichten. Band 5-8

Die zentralen Themen des zwischen 1842 und 1861 entstandenen Erzählzyklus sind auf anschauliche Konstellationen zugespitze Konflikte in der idyllischen Harmonie des einfachen Landlebens. Auerbachs Dorfgeschichten sind schon bei Erscheinen ein großer Erfolg und finden zahlreiche Nachahmungen.

554 Seiten, 24.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.

432 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon