Dritter Auftritt.

[29] Konstanze, Selim.


SELIM. Nun Konstanze, denkst du meinem Begehren nach? Der Tag ist bald verstrichen, Morgen mußt du mich lieben, oder –[29]

KONSTANZE. Muß? welch albernes Begehren! als ob man die Liebe anbefehlen könnte, wie eine Tracht Schläge! – – Aber freylich wie ihr Türken zu Werke geht, läßt sichs auch allenfalls befehlen – Aber ihr seyd würklich zu beklagen. Ihr kerkert die Gegenstände eurer Begierden ein und seyd zufrieden eure Lüste zu büßen.

SELIM. Und glaubst du etwan, unsre Weiber wären weniger glücklich, als ihr in euren Ländern?

KONSTANZE. Die nichts bessers kennen!

SELIM. Auf diese Art wäre wohl keine Hofnung, daß du je anders denken wirst.

KONSTANZE. Herr! Ich muß dir frey gestehn – – – denn was soll ich dich länger hinhalten, mich mit leerer Hofnung schmeicheln, daß du dich durch mein Bitten erweichen liessest – – Ich werde stets so denken wie itzt; dich verehren, aber – – lieben? Nie.

SELIM. Und du zitterst nicht vor der Gewalt, die ich über dich habe?

KONSTANZE. Nicht im geringsten. Sterben ist alles, was ich zu erwarten habe, und je eher dies geschieht, je lieber wird es mir seyn.

SELIM. Elende! Nein! Nicht sterben, aber Martern von allen Arten – – –

KONSTANZE. Auch die will ich ertragen; du schreckst mich nicht, ich erwarte alles.


Martern aller Arten

Mögen meiner warten,[30]

Ich verlache Qual und Pein.

Nichts soll mich erschüttern,

Nur dann würd' ich zittern,

Wenn ich untreu könnte seyn.

Laß dich bewegen,

Verschone mich!

Des Himmels Segen

Belohne dich!

Doch du bist entschlossen.

Willig, unverdrossen

Wähl' ich jede Pein und Noth.

Ordne nur, gebiethe,

Lärme, tobe, wüthe,

Zuletzt befreyt mich doch der Tod.


Geht ab.


Quelle:
Wolfgang Amadeus Mozart: Die Entführung aus dem Serail. Wien 1782, S. 29-31.
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