Vierter Auftritt.

[81] Stößel allein.


STÖßEL. Mein Schwiegersohn schon fort? Das wundert mich. Er war doch gestern in einem Zustande, daß ich gewiß dachte, er würde unter zwölf Stunden nicht ausschlafen. Aber freilich, Soldaten sind so was gewöhnt, das nehmen sie auf die Schultern und laufen damit davon, wo unsereiner sich gegen drei Tage mit Kopfweh herumschleppen muß. Unterdessen wünscht' ich doch, er gewöhnte sich's ab, sonst wird er bei meiner Tochter wenig Progressen machen. Sie mag ihn ohnehin nicht leiden, und ein betrunkener Mann insinuiert sich selten. Ich habe in der That Mitleid mit dem armen Mädchen, denn so eine gute Partie der Hauptmann auch ist, so ist's doch kein Mann, der ihr gefallen kann. Der junge Krautmann ist freilich eine ebenso gute Partie, aber – der Sohn meines Todfeindes? Nein, da kann nichts draus werden.[81]

Nr. 14. Arie.


STÖßEL.

Viel eher soll sie gar nicht frein,

Als meines Feindes Tochter sein,

Der mich nur stets prostituieret,

Gar vor die Fakultät citieret!

Nein, nein, da wird gewiß nichts draus.

Mich überall verächtlich machen,

Und meiner Wissenschaften lachen?

Was ich entdecke, zu verachten?

Und nur nach meinem Fall zu trachten?

Nein, nein! Nein, nein! Da wird gewiß nichts draus.

Viel eher soll sie gar nicht frein,

Als dieses Mannes Tochter sein!


Jetzt will ich nach meinen Entdeckungen sehen. Er sieht den Schlüssel an der Thür zu seinem Laboratorium links und schließt auf. Da haben wir's, gestern wollte man mir durchaus behaupten, daß sich die Diebe hier verborgen hätten, und es war doch verschlossen. Ha, ha, die ganze Sache war am Ende eine Finte, um mit Gelegenheit hineinzukommen. Aber ich war klüger als sie alle! Ha, ha, Doktor Stößel fängt man so nicht! Nun geschwind! Er geht auf das Laboratorium links zu, als ob er hinein wolle. Hernach will ich den Grafen besuchen. Was gilt's, mein Mittel hat ihm auf die Beine geholfen. Er ist im Begriff, hineinzugehen.

Gotthold Krautmann als Notar mit einer Mappe, worin der echte und der falsche Kontrakt, Chirurg Sichel als Sturmwald verkleidet, kommen durch die Mitte.


Quelle:
Karl Ditters von Dittersdorf: Doktor und Apotheker. Dichtung von Stephanie dem Jüngeren, Leipzig [o. J.], S. 81-82.
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