Fünfter Auftritt.

[82] Gotthold rechts. Sichel in der Mitte. Stößel links.


SICHEL Sturmwalds Ton nachahmend. Blitz und Wetter! schon auf, Schwiegervater?

STÖßEL. Ah, guten Morgen! Guten Morgen! Sie waren schon aus dem Hause und Sie sind schon wieder da?

SICHEL. Blitz und Wetter, ja! Ich habe noch vor der Reveille den Herrn da aus den Federn gejagt und den Heiratskontrakt[82] aufsetzen lassen, damit Sie beim Aufstehen gemachte Arbeit finden sollen.

Gotthold zieht den echten Kontrakt aus seiner Mappe hervor.


SICHEL ohne Pause fortfahrend. Was macht Frau Claudia? Holen Sie sie her, auch die Braut, wir wollen sogleich unterschreiben, und hernach in die Kirche; denn Bomben und Kartaunen, zu Mittag will ich schon verheiratet sein! Die Hochzeitstafel ist auch schon bestellt. Also fort, fort!

STÖßEL. Gleich, gleich! Aber lieber Herr Hauptmann, warum denn gar so eilig?

SICHEL. Der gestrige Vorfall hat mich konsterniert. Alle Teufel! ich habe die ganze Nacht nicht schlafen können! Wie gesagt, bis Mittag bin ich Ihr authentischer Schwiegersohn, oder ich gebe Ihrer Tochter den Laufpaß.

STÖßEL. Nu, nu, nu, das soll nicht geschehen. Aber lieber Herr Hauptmann, Wegen des gestrigen Vorfalls. ich glaube immer, Sie haben nicht recht gesehen, denn wo sollten die Diebe oder Liebhaber hingekommen sein?

SICHEL. Alle Teufel, nicht recht gesehen? Denken Sie etwa, ich bin betrunken gewesen? Herr, ich wette tausend Dukaten, der Schurke ist noch in Ihrem Hause und da steckt er. Er zeigt nach links. Ah, eben recht, der Schlüssel steckt, wir wollen gleich sehen. Er geht auf das Laboratorium links zu.

STÖßEL springt eilig an die Thür, schließt ab und steckt den Schlüssel ein. Nimmermehr! Hier kommt kein profaner Mensch herein.

Gotthold zeigt durch den ganzen Auftritt, daß ihm Sichels Benehmen nicht recht sei.


SICHEL. Schwiegervater! Hol' mich der Teufel! Beinahe hätt' ich Lust, Ihre Tochter sitzen zu lassen, weil Sie so wenig Vertrauen zu mir haben.

STÖßEL. Nach Belieben! Eher soll meine Tochter zeitlebens ohne Mann bleiben, als daß mein Laboratorium entheiligt würde. Was, meine Geheimnisse, meine sublimen Arbeiten sollten von unreinen Augen begafft werden? Nimmermehr!

GOTTHOLD heimlich und voll Angst zu Sichel. Ums Himmels willen, mach' Er ein Ende!

SICHEL zu Stößel. Basta! der Vernünftige giebt nach! Holen Sie Ihre Frau und Ihre Tochter. Er reißt Gotthold den Kontrakt aus der Hand. Da, lassen Sie die Frauen zuvor den[83] Kontrakt lesen, damit wir alsdann keine weiteren Schwierigkeiten haben.

STÖßEL nimmt den Kontrakt. Ganz recht, sie sollen gleich hier sein. Er geht zuerst nach links ans Laboratorium und probiert, ob es zu ist, und eilt dann mit dem Kontrakte Gottholds ab durch die Mitte.


Quelle:
Karl Ditters von Dittersdorf: Doktor und Apotheker. Dichtung von Stephanie dem Jüngeren, Leipzig [o. J.], S. 82-84.
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