Einhundertundsiebentes Kapitel.

[279] An einem Winterabende stand Franz I., König von Frankreich, vor einem fast ausgebrannten Kaminfeuer und wärmte sich, während er mit seinem Premierminister über allerhand wichtige Staatsangelegenheiten sprach. Es könnte nichts schaden, sagte der König und stieß dabei mit seinem Stocke in die Asche, wenn das gute Einvernehmen zwischen uns und den Schweizern etwas aufgefrischt würde. – Sire, erwiederte der Minister, dies Volk ist unersättlich, – sie wären im Stande den ganzen Schatz Frankreichs zu verschlingen. – Pah! antwortete der König, es giebt noch andere Wege, Herr Minister, Staaten zu kirren, – noch andere als Geld. Ich gedenke der Schweiz die Ehre zu erweisen, sie bei meinem nächsten Kinde zu Gevatter zu bitten. – Damit würden sich Ew. Majestät alle Grammatiker in Europa auf den Hals laden, erwiederte der Minister; denn da die Schweiz weiblichen Geschlechtes ist, so kann sie nicht Gevatter sein. – Nun, so mag sie Gevatterin sein, sagte Franz, etwas gereizt; man soll sie morgen durch einen Courier von meiner Absicht in Kenntniß setzen lassen. –

Ich wundere mich, sagte Franz I. (vierzehn Tage später) zu seinem Minister, der eben zu ihm ins Kabinet trat, daß wir von der Schweiz noch keine Antwort haben. – Sir, erwiederte der Minister, ich bin gerade gekommen, Ew. Majestät eine darauf bezügliche Depesche vorzulesen. – Sie nehmen natürlich an, sagte der König. – Allerdings, Sire, erwiederte der Minister, und wissen die Ehre vollkommen zu schätzen, die Ew. Majestät ihnen erweist. Doch als Gevatterin erhebt die Republik[279] Anspruch auf das ihr zukommende Recht, dem Kinde den Namen zu geben.

Versteht sich, sagte der König; sie wird ihn Franz oder Heinrich oder Ludwig taufen oder ihm sonst einen Namen geben, von dem sie weiß, daß er uns genehm ist. – Ew. Majestät dürften irren, erwiederte der Minister. Ich habe soeben diese Depesche unseres Gesandten erhalten, worin er den Beschluß der Republik mittheilt. – Und was für einen Namen hat die Republik dem Dauphin bestimmt? – Sadrach, Mesach, Abednego, erwiederte der Minister. – Bei St. Peters Gürtel, dann will ich mit der Schweiz nichts zu schaffen haben, sagte Franz I., indem er seine Hosen in die Höhe zog und heftig durch das Zimmer schritt.

Ew. Majestät werden ihrer nicht entbehren können, warf der Minister ein.

So wollen wir ihnen Geld geben, sagte der König.

Sir, antwortete der Minister, es sind Alles in Allem nicht mehr als sechzigtausend Kronen in unserm Schatz.

So will ich das beste Juwel meiner Krone verpfänden, sagte Franz I.

Ew. Majestäts Ehre ist in dieser Sache bereits verpfändet, antwortete der Premierminister. –

Nun denn, so wollen wir Krieg mit ihnen anfangen, Herr Premier, sagte der König.

Quelle:
Sterne [, Lawrence]: Tristram Shandy. Band 1, Leipzig, Wien [o. J.], S. 279-280.
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