Dreiundachtzigstes Kapitel.

[125] Jetzt fange ich an in Zug zu kommen, und ich zweifle gar nicht daran, daß es mir mit Hülfe einer vegetabilischen Diät und einiger kühlenden Tränkchen gelingen wird, meines Onkel Toby's Geschichte, sowie meine eigene in ziemlich gerader Linie fortzusetzen. Bis jetzt –[125]


Dreiundachtzigstes Kapitel

Das waren die vier Linien, die ich in meinem ersten, zweiten, dritten und vierten Bande beschrieben habe. Im fünften habe ich mich sehr gut gehalten. Die genaue Linie, der ich folgte, ist diese:


Dreiundachtzigstes Kapitel

Daraus sieht man, daß ich außer der Kurve A, wo ich einen Abstecher nach Navarra machte, und der beabsichtigten Kurve B, wo ich mit Dame Baussiere und ihrem Pagen ein bischen frische Luft schöpfte, mir nicht die geringste Abschweifung habe zu Schulden kommen lassen, bis Jean de la Casse's Teufel mich in die Runde drehten, wie dies bei D zu sehen ist, denn die paar kleinen c sind nichts als Parenthesen und so zu sagen alltägliche kleine Peccadillos im Leben großer Staatsmänner, die, wenn man sie mit dem vergleicht, was diese Männer gethan, oder mit meinen eigenen Abschweifungen A B D, gar nicht der Rede werth sind.

Im letzten Bande ist es mir noch besser gelungen: vom Schlusse der Le Fever-Episode bis zum Beginn der Campagnen meines Onkels Toby bin ich kaum einen Fußbreit vom Wege abgewichen.

Wenn ich so fortfahre mich zu bessern, so ist es, – vorausgesetzt, das die Teufel Sr. Eminenz von Benevent mir nichts zwischen die Beine werfen – gar nicht unmöglich, daß ich es endlich zu der Vollkommenheit bringe, meinen Weg so


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grade fortzusetzen, wie die Linie, die ich eben mit dem eigens zu diesem Zwecke geliehenen Lineal eines Schreibmeisters zog, d.h. weder links noch rechts abzuweichen.

Die gerade Linie! ein Weg, den Christen wandeln, sagen die Pastoren.[126]

Das Sinnbild moralischer Vollkommenheit, sagt Cicero –

Die beste Linie, sagen die Kohlpflanzer; – die kürzeste Linie, sagt Archimedes, die zwischen zwei gegebenen Punkten gezogen werden kann. – Ich wollte, meine Damen, Sie nähmen sich das bei ihren nächsten Geburtstagskleidern zu Herzen.

Wie prächtig sich das geht! –

Aber – bitte – eh' ich mein Kapitel über gerade Linien schreibe, könnten Sie mir nicht etwa sagen, – nur müssen Sie nicht ärgerlich werden, – welchem Mißverständniß wir es verdanken (wer hat Ihnen das gesagt?) – nun also, – woher es kommt, daß Leute von Geist und Verstand diese Linie so lange mit der Gravitationslinie verwechselt haben?

Quelle:
Sterne [, Lawrence]: Tristram Shandy. Band 2, Leipzig, Wien [o. J.], S. 125-127.
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