Einhundertundvierundsiebenzigstes Kapitel.

[255] Da ich gleich anfangs gar nicht die Absicht gehabt habe, die Abschweifung, zu welcher alles Vorhergehende nur die Einleitung[255] ist, vor dem einhundertundfünfundsiebenzigsten Kapitel zu bringen, so kann ich mit diesem Kapitel noch anfangen, was ich will. Ich könnte es zu zwanzigerlei Dingen gebrauchen. Ich könnte mein Kapitel über Knopflöcher schreiben –

oder mein Kapitel über Psch'e – welches darauf folgen soll,

oder mein Kapitel über Knoten – wenn Ew. Hochehrwürden nämlich damit fertig sind, – aber ich könnte dabei zu Schaden kommen – Der sicherste Weg ist der, es wie die Gelehrten zu machen, das heißt gegen das, was ich geschrieben habe, Einwürfe zu erheben, obgleich ich vorher erkläre, daß ich wahrlich nicht mehr als mein kleiner Finger weiß, was ich darauf antworten soll.

Zuerst könnte gesagt werden, daß es eine geifernde Art thersitischer Satire giebt, so schwarz wie die Dinte, womit sie geschrieben wird (und hierbei mag erwähnt sein, daß, wer so spricht, dem Oberfeldherrn des griechischen Heeres dafür Dank schuldig ist, daß er den Namen eines so häßlichen und schmähsüchtigen Menschen wie Thersites nicht von der Musterrolle gestrichen, denn dadurch hat er ihn um ein Epitheton reicher gemacht); – bei Produktionen der Art, könnte man behaupten, würde alles Waschen und Scheuern der Person dem herabgekommenen Genie nichts helfen, – im Gegentheil, je schmutziger der Bursche wäre, desto besser werde ihm das Ding gelingen.

Darauf habe ich keine Antwort, wenigstens keine bei der Hand, als die, daß der Erzbischof von Benevent seinen schmutzigen Roman Galathea, wie alle Welt weiß, im Purpurrock, Purpurweste und Purpurhosen schrieb, und daß die Buße, welche ihm auferlegt wurde (einen Kommentar zur Offenbarung zu schreiben), vielen Leuten zwar sehr hart erschien, andern dagegen (eben dieser Einkleidung wegen) keineswegs.

Ein weiterer Einwurf gegen mein Mittel wäre der, daß es nicht allgemein angewandt werden könnte, weil, wenigstens was das Rasiren anbetrifft, worauf doch so viel Nachdruck gelegt wird, die eine Hälfte des Menschengeschlechts durch ein unabänderliches Naturgesetz davon ausgeschlossen bleibt; – Alles, was ich[256] hierauf sagen kann, ist, daß sich die weiblichen Schriftsteller in England und Frankreich ohne dasselbe behelfen müssen.

Für die spanischen Damen ist mir nicht bange.

Quelle:
Sterne [, Lawrence]: Tristram Shandy. Band 2, Leipzig, Wien [o. J.], S. 255-257.
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