V

M. G.

[31] Dafne fleht dich / Peneus! an /

Sey willfährig deinem Kinde:

Wann es sich so nennen kan /

Unter dieser Runtzel-Rinde;

Die des Föbus Buhler-Kuß

Unverschuldet büssen muß.


Er / der mich noch immer liebt /

Brach jüngst eins von meinen Zweigen.

Bleibe (sprach er /) unbetrübt /

Dann ich gebe diß zu eigen /

(Wirst du schon von mir versehrt /)

Dem / der deinen Vatter ehrt.
[31]

So ein Wunde / sagte ich /

Daraus nur der Danck-Safft rinnet /

Nicht verletzt / ergötzet mich.

Mein Verlust sehr viel gewinnet.

Dieser Mangel macht mich reich /

Zahlet Schuld und Huld zugleich.


Sey nun / Vatter! was du bist /

Zahle / was ich nicht kanzahlen /

Laß den Grieß / darauf du fliest /

Gleich den Tagus-Kieseln mahlen;

Küsse damit diese Hand /

Die dich macht so weit bekandt.


Laß von deines Ehrers Ehr

Die beredte Wellen lallen /

Laß sie mit dir in das Meer /

Bey der Sonnen-Wiege / fallen;

Daß auch in der andern Welt /

Dorus Ruhm werd angemeldt.


Mit diesen schuldigen Ehren-Zeilen hat

die Dafne redend gemacht

Myrtillus.

Quelle:
Maria Katharina Stockfleth: Die Kunst- und Tugend-gezierte Macarie, 2 Bände, Band 1, Nürnberg 1669, S. XXXI31-XXXII32.
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