[308] Die Szene ist kurze Zeit leer. Dann treten der Major und Bierbrauer Schweigel durch die Gartentüre ein. Schweigel sichtlich in Verlegenheit. Während der Szene tritt allmählich Dämmerung ein.
SCHWEIGEL nimmt seinen Hut ab und kraut sich hinter dem Ohre. Teufi! Teufi!
MAJOR. Ja, ja!
SCHWEIGEL. Dablecken S' mi nur recht!
MAJOR. Ich sag' doch nichts.
SCHWEIGEL. Aber hoamli lacha, gel? Reden S' halt amal! Was sagen denn Sie dazua?
MAJOR. Das nämliche wie gestern.
SCHWEIGEL. Da hamm Sie unsern Charakter anzweifelt. Net wahr?[308]
MAJOR. Wollen Sie heut wieder über die Festigkeit streiten?
SCHWEIGEL. Warum denn net?
MAJOR. Schön. Da fangen wir gleich beim Gemeindekollegium an.
SCHWEIGEL rasch. Na! Liaba net!
MAJOR. Jetzt frag' ich einmal. Was sagen denn Sie dazu, Herr Schweigel?
Kleine Pause. Schweigel kratzt sich wieder hinter dem Ohre. Dann resolut.
SCHWEIGEL. I will Eahna was sag'n, Herr Major. Sie hamm jetzt das Heft in der Hand. Scheinbar. Aba Sie schaug'n die G'schicht do net ganz richtig o.
MAJOR. So?
SCHWEIGEL. Ja. Wissen S', es gibt da aa verschiedene Ansichten.
MAJOR. Das stimmt.
SCHWEIGEL. Oaner hat de, und der ander hat an andere.
MAJOR. Und manche haben zwei, und wechseln ab damit.
SCHWEIGEL. I hör' Eahna scho geh. Aba wissen S' die Halsstarrigkeit is aa'r a Fehler.
MAJOR. An dem leiden die Dornsteiner nicht.
SCHWEIGEL. Ja no! Der G'scheiter gibt nach.
MAJOR lacht herzlich. Sie sind ein braver Staatsbürger.
SCHWEIGEL. Sie lachen, Herr Major, aber sehg'n S', i behaupt, daß für uns Bürger de Politik überhaupts net paßt.
MAJOR. Nicht?
SCHWEIGEL. Na – de Politik is was für de Leut', de Zeit dazua hamm und de koana Rücksichten net z' nehma braucha.
MAJOR. Ja, wenn die Rücksichten nicht wären!
SCHWEIGEL. Des is ja! Sehg'n S', mir hamm z'letzt soviel Schneid wia'r a jeder. Aba – mir halten uns z'ruck.
MAJOR. Aha!
SCHWEIGEL. Mir müassen scho! Ob ma mög'n oder net. Mir hamm a G'schäft und hamm a Familie.
MAJOR. Kommen Sie auch mit dem?
SCHWEIGEL. Herr Major, allen Respekt vor dem Mannesmut, aba das allererste is, daß 's Haus in Ordnung is. Und des geht mit der Politik net z'samm.
MAJOR. Das sehe ich gar nicht ein.
SCHWEIGEL. Des is ganz klar. Net wahr, wenn oaner Politik macht, steht er allaweil zu oaner Partei. Und des is nix für an[309] Geschäftsmann. Der muaß mit alle Leut guat steh'.
Es ist dunkel geworden. Marie kommt mit einer Gartenlampe. Die Bühne ist nun mäßig erhellt. Marie ab.
MAJOR. Ihr dürft also bloß im Wirtshaus politisieren?
SCHWEIGEL. Des is des G'scheitest. Was schaugt denn raus dabei, wenn ma selber mittut? Mir sehg'n recht guat, daß im Staat vieles zum verbessern waar – aber mir Dornstoana alloa reißen des aa nimmer raus.
MAJOR. Besonders nicht, wenn ihr gleich umfallt.
SCHWEIGEL. Umfallen! G'setzten Falles, mir waaren umg'fallen.
MAJOR. Blimel! Blamel! Ihr habt nach allen Regeln der Kunst umgeschmissen.
SCHWEIGEL. Also g'setzten Falles, mir san umg'fallen, was is denn nacha?
MAJOR. Oh, gar nichts.
SCHWEIGEL. Sie müassen mi recht vasteh'. I sag' selber, daß de Standhaftigkeit was Schön's is. Moralisch bin i eigentli ganz mit Eahna ei'vastanden, aba der andere Standpunkt hat aa sei Berechtigung.
MAJOR. Welcher? Der unmoralische?
SCHWEIGEL. Jetzt möchten S' mi wieder dablecken! Na, sehg'n S', Herr Major, ma fragt si doch, will ma den Streit weiter führ'n oder will ma sei Ruah hamm. D' Regierung is oamal z' stark, und da gang der Verdruß nimmer aus. Also sagt ma si: »Leb'n ma'r im Frieden!« Während der letzten Sätze ist von beiden unbemerkt der Bürgermeister links eingetreten.
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