Achter Auftritt.

[68] Ernst. Gundelfing. Preisinger. Maxelrainer. Pienzenauer. Sandizeller. Tore. Gefolge, alle eilig. Die Vorigen.


ERNST. Ha! was ist das?


Vom Pferde alle. Ernst läuft auf Albrechten zu. Zugleich ziehen Knechte den Leichnam ans Ufer. Albrecht erblickt sie beide zugleich. Percifal Zenger nimmt ihm sein Schwert; er merkt's nicht im Affekte.


ERNST. Was willst du thun, mein Sohn?

ALBRECHT fährt mit der Hand an den Platz des Schwerts. Zum Spotte kommst du, Tyrann?


Alle Ritter umringen Albrechten. Man bringt den Leichnam unter einen Baum.


ERNST. Ich verstehe deine Bewegung – Albrecht! das verdiene ich nicht von dir, denn dieses Deutet auf Agnesen. wollte ich nicht. Gott! in welchem Augenblicke mußt' ich kommen!

ALBRECHT windet sich los, faßt Ernstens Hand: reißt ihn zum Leichnam. Ihr wolltet's nicht? rühret an den Leichnam der Unschuldigen, daß er blute und zeuge gegen den Mörder. O Agnes! meine Agnes! und ich verließ dich? vertraute dich, Taube! den Geiern, die vom Würgen leben? Agnes! Starrt, im höchsten Grade des Schmerzens über den Leichnam stehend. Alle schweigen, den Blick auf ihn geheftet; nur Ernst wendet sich weg,[68] und verhüllt sein Gesicht. Albrecht faßt Agnesens Hand und läßt sie wieder fallen. Tot! – Tot! – und ich? Reißt Percifal Zengern das Schwert weg; dann zu Tore und Gundelfingen. Ha! Rache noch von euch, Verräter! Will auf sie los; Ernst hält ihn.

ERNST. Ehre die Thräne deines Vaters – Entfernen mußt' ich sie ja von dir; – nur der Vicedom entriß sie dir so. Eben wollt' ich hin; ich hatte das Urteil gehört; hätt' es gemildert; – zu spät! Es war ihr Schicksal! räche dich an Gott! du sollst sehen –

ALBRECHT. Weg, Mann! der mir ein Leben gab, das ich verfluche! weg! Gottes Gericht komm' über Euch! – Aber ihr, Will ausholen. in eurem Schurkenblute sollt ihr ersaufen! Alle wieder um ihn.

GUNDELFING. Haltet ihn nicht. – Gnädiger Herr! hier steh' ich mit unbewaffneter Hand und sage, daß ich ein ehrbarer Ritter bin, und daß es die alle sind. Wir wollen es Euch beweisen morgen bei kühlerem Blute, oder haben wir nicht auch Schwerter?

PERCIFAL ZENGER. Erinnert Euch des Streiches, den Ihr dem Vicedom auf dem Turniere gabt.

ALBRECHT. Und auch der Gesandtschaften? des Briefes? Rache muß ich haben; Rache! blutige Rache! und sollte Vater und Vaterland darüber verbluten.

ERNST. – Sohn!

GUNDELFING. Gnädiger Herr! Thränen verdient dieser Leichnam; er fordert nicht Rache. Sehet ihn an und weinet, und preiset sie selig, daß sie vor Bayern starb. Ihr seid ihr Euern Herzogshut schuldig; ihr Tod ist Friede; ist Huldigung Eurer Unterthanen.

ERNST. Und Thränen ihres Richters, Hochachtung ihrer Feinde sollen sie ins Grab begleiten, das ich ihr bauen werde, und Rache soll folgen dem Manne, der durch entheiligte Gesetze sie mordete.

ALBRECHT. Begraben könnt ihr sie; begraben! – O Agnes! Stille alles. Zu Ernst. Und Ihr könnt weinen, weinen über sie?

ERNST. Ja, mein Sohn! Priester will ich stiften und Nonnen, die an diesem Orte ewig singen, mich aussöhnen mit der Seele der Verbleichten, und zeugen von Ernstens Thränen über das Schlachtopfer des Staats.

GUNDELFING. Und nennt sie »Frau« in der Urkunde; ihre Treue und Tugend haben sie geadelt.[69]

SANDIZELLER. Und Meistersänger sollen ihr ein Lied singen.

ALBRECHT. Und der Vicedom soll sterben hier! und sein Wappen an ihrem Grabsteine zertrümmert werden!

ALLE. Vergebung!

ERNST. Vergebung ist deiner würdig, mein Sohn! laß Gott die Rache!

ALBRECHT. Was wäre dann mein Trost?

ERNST. Bayern.


Er umarmet halb seinen Sohn, der an den Baum über den Leichnam sich stützet. Die andern umher gruppiert.
[70]

Quelle:
Das Drama der klassischen Periode. Herausgegeben von Dr. Adolf Hauffen, Band 1, Stuttgart [o.J.], S. 68-71.
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