Scena sexta.

[276] Gott vater, Abraham, Isaac.


GOTT VATER.

Abraham, hie soltu auch nuhn

Opfferen deinen lieben suhn.

ABRAHAM.

Isaac, kom her, mein liebes kindt!

Du must auch sein das opffer hint,

Wie mir Gott auch befolen hat

Dich zu verbrenn an dieser stadt.

ISAAC.

Ach nein, du lieber vater mein,

Ich bit durch Gott, kan es gesein,

Wollst mich lassen bey dem leben,

Gott sunst ein ander opffer geben.

ABRAHAM.

Das kan nicht sein, mein lieber son,[276]

Gib nur darein dein willen schon!

ISAAC.

Wolan, du lieber vater mein,

Ich geb mein willen willig drein,

Gots und dein wil gesche an mir,

Herr Gott, mein seel befehl ich dir.

GOTT VATER.

Abraham, Abraham, schaw und sich!

ABRAHAM.

Ach hy, hy, hy, mein herr, so bin ich.

GOTTVATER.

Du solt den knaben nichtes thun,

Dann itzt erken ich und weis nuhn,

Das du alzeit Gottfürchtig bist,

Hast nicht verschont zu dieser frist

Dein eigen son, nicht vorhalten

Vor mir, vorsucht mannichfalten.

Darumb ich thu dir itzt zeigen,

Dein augen inn den busch thu neigen,

Do vindestu das opffer fein,

Das schlachte itzt vor den son dein!

ISAAC.

Ich dancke dir, mein lieber Gott,

Das du mir itzt aus todes nodt

Gehulffen hast, aus aller pein,

Ich war schon todt im hertzen mein,

Darzu erstorben gantz und gar,

Aber nu, Gott, hastu mich vorwar

Von neuem auch geporn gantz,

Erleuchtet mit der freuden glantz.

Drumb wil ich dich alzeit preisen,[277]

Forder dein gnad mir thu beweisen!

ABRAHAM.

O Gott, es kan nicht müglich sein,

Das ich genug im hertzen mein

Dir dancken kan vor deine gnad,

Hast mir gehulffen also drath,

Das ich nicht bin gar vorzaget,

Gethan hab, was dir behaget.

Darumb ich bit aus hertzen grundt,

Wolts mich forder zu aller stundt

Erhalten bey deim heiligen wort,

Das ist mein trost und trewer hort,

Gantz gewis kan mir nicht liegen,

Die Welt kan nichts dann eitel triegen,

Darumb, mein Gott, erhalte mich

Bey deinem wort, das bit ich dich.


Quelle:
Dramen von Ackermann und Voith. Tübingen 1884, S. 276-278.
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