[127] Ein Heuboden. – Melchior liegt auf dem Rücken im frischen Heu. Wendla kommt die Leiter herauf.
WENDLA. Hier hast du dich verkrochen? – Alles sucht dich. Der Wagen ist wieder hinaus. Du mußt helfen. Es ist ein Gewitter im Anzug.
MELCHIOR. Weg von mir! – Weg von mir!
WENDLA. Was ist dir denn? – Was verbirgst du dein Gesicht?
MELCHIOR. Fort, fort! – Ich werfe dich die Tenne hinunter.
WENDLA. Nun geh ich erst recht nicht. – Kniet neben ihm nieder. Warum kommst du nicht mit auf die Matte hinaus, Melchior? – Hier ist es schwül und düster. Werden wir auch naß bis auf die Haut, was macht uns das!
MELCHIOR. Das Heu duftet so herrlich. – Der Himmel draußen muß schwarz wie ein Bahrtuch sein. – Ich sehe nur noch den leuchtenden Mohn an deiner Brust – und dein Herz hör ich schlagen –
WENDLA. – – Nicht küssen, Melchior! – Nicht küssen!
MELCHIOR. – Dein Herz – hör ich schlagen –
WENDLA. – Man liebt sich – wenn man küßt – – – – – Nicht, nicht! – –[127]
MELCHIOR. O glaub mir, es gibt keine Liebe! – Alles Eigennutz, alles Egoismus! – Ich liebe dich so wenig, wie du mich liebst. –
WENDLA. – – Nicht! – – – – – – Nicht, Melchior! – –
MELCHIOR. – – – Wendla!
WENDLA. O Melchior! – – – – – – nicht – – nicht – –
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