Nr. 5. Duett.

[10] LUX.

Ich bin bewundert und geschätzt

Bei Kleinen und bei Großen;

Ich bin die Krone und der Schmuck

Von meinen Zeitgenossen.

Das Weib, das meine Hand begehrt,

Ist glücklich und beneidenswerth!

Du lächelst, kleiner Schelm?

Was gilt's, Du riechst den Braten?

Wer, meinst Du, ist die Braut?[10]

SUSCHEN.

Ich kann es nicht errathen.

Vielleicht ein Fräulein aus der Stadt?

LUX den Kopf schüttelnd.

Die sind zu pfiffig und zu platt.

SUSCHEN.

Vielleicht ein Mädchen von dem Land.

LUX ihr zunickend.

Nur die erhält einst meine Hand!

SUSCHEN.

Ist's Görgen's Käthchen?

LUX.

Nein!

SUSCHEN.

Des Schulzen's Nettchen?

LUX.

Nein!

SUSCHEN.

Die fromme Ernestine?

LUX.

Nein!

SUSCHEN.

Die reiche Wilhelmine?

LUX.

Nein!

SUSCHEN.

Ich sinne hin und her,

Ich weiß sonst keine mehr.

Wer sollt' es denn wohl sein?

LUX sich blähend.

Erstaune, Kind, und höre!

Nur Dir gebührt die Ehre!

Nur Dir bin ich bescheert,

Nur Du bist meiner werth.

SUSCHEN. LUX beide für sich.

Listig muß ich mich verstellen,

Sonst ist's um mich gethan.

SUSCHEN.

Alter Fuchs, Dich muß ich prellen

Und nur Joseph wird mein Mann.

LUX.

Seht sie schlägt die Augen nieder,

Ihre Wange färbt die Scham,

Ach wie zittern ihre Glieder,

Ach, das arme gute Lamm.

SUSCHEN zu Lux.

Ich – Herr – Lux – bin – so – verlegen,

Daß – ich – mich – erholen muß.

LUX mit Salbung.

Auf Dich strömt des Himmels Segen,

Schätzchen gib mir einen Kuß!


Umarmt das sich sträubende Suschen.
[11]

SUSCHEN. LUX.

Glücklich sind nur solche Ehen,

Wo das Herz das Jawort spricht,

Aber die aus Zwang geschehen,

Das ist wahre Liebe nicht.

Dialog.


LUX. Du bist erstaunt!? Ja, Du kannst mit Recht der Vorsehung danken, die Dich gewürdigt hat, das Weib des großen Lux zu werden. Mädchen, Du sollst: glänzen, wie der Sirius am Nordpol und wohnen sub umbra alarum mearum. Joseph tritt ein.

SUSCHEN. Ach, da kommt der überlästige Mensch schon wieder.


Geht in's Zimmer und holt einen Brief.


LUX. O mit dem will ich bald fertig sein!

JOSEPH. Ich kann nicht vor diesem Hause vorübergehen, ohne meinen lieben Herrn Lux zu begrüßen.


Suschen gibt Joseph den Brief, Joseph winkt ihr.


LUX kalt. Schönen Dank, ich habe Geschäfte.

JOSEPH. Wo man eintritt, spricht Alles nur von dem weltberühmten Herrn Lux.

LUX wird freundlich. Wie so?

JOSEPH. Ich gehe gleich, Jungfer Suschen! ich weiß wohl, daß ich Ihnen verhaßt bin. Ich will nur hier mit Herrn Lux, der die Zierde der Arzneikunst ist, ein wenig reden. – Das neue Wunder mit dem Dorfschneider hat alle Menschen in Erstaunen gesetzt. Alle Bauern essen Schinken. So lange ich auf der Universität war, habe ich nie von einem Arzt gehört, der so viele außerordentliche Kuren verrichtet hätte.

LUX. Es ist eine besondere Gabe der Natur – Genie! – Es hat Studium gekostet, bis ich es soweit gebracht habe.


Joseph ist indessen zu Suschen geschlichen.
[12]

SUSCHEN sieht, das Lux sich zu ihr wendet. O quälen Sie mich nicht mit Ihren Briefen! Fort mit diesem Geschmiere; ich will nichts lesen, nichts hören!


Gibt Joseph ihren eigenen Brief und läuft in das Vorzimmer.


LUX. Danken Sie es meiner guten Laune, sonst – Die Bauern kommen. Was wollt Ihr?

Quelle:
Johann Baptist Schenk: Der Dorfbarbier, von Joseph Weidmann, Leipzig [o. J.], S. 10-13.
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