Anderer Aufftrit.


[147] Roccella, Celinde.


CELINDE. So hat mein geliebter Hertzog in solchen Unglücke geschwebet?

ROCCELLA. Ja wohl mein gebietendes Fräulein / ich habe eine Probe ausgestanden / darbey mir die Bitterkeit des Todes ziemlich tieff auf der Zungen gelegen hat.

CELINDE. Ich dancke dem Himmel / daß die Furcht mit einem betrieglichen Schatten gespielet hat.

ROCCELLA. Mein Leben war in meinen Gedancken schon verlohren: doch der Zwang die angenehme Celinde nicht mehr zu sehen / machte mir unruhige Gedancken.[147]

CELINDE. Ach das unschuldige Frauen-Zimmer muß allzeit die Klage über sich nehmen / als wenn sie den Männern das Unglücke verdoppelten.

ROCCELLA. Warum leget meine Gebieterin die Rede so ungnädig aus? ich wolte sagen / daß mir dieses Andencken eine Lust zum Leben erwecket hätte.

CELINDE. Ich nehme die Außlegung an. Inmittels wie lauffen die Sachen in der Stadt? Ist es auch wohl möglich / daß man sich ein langes Leben wünschen darff?

ROCCELLA. Sie lauffen so thöricht unter einander / daß ich nothwendig schliessen kan / es müsse in wenig Tagen besser werden.

CELINDE. Mein Hertzog / da gehöret ein hoher Geist darzu / wenn man sich aus schlimmen Sachen etwas gutes erwehlet.

ROCCELLA. Ich wil meinen Geist so hoch oder so niedrig nicht ausgeben: Doch da des Volckes General zum Narren wird / so werden sie des Regiements bald überdrüßig seyn. Es ist nicht zubeschreiben / wie er in die Leute hinein schmeist / und wie dem Volcke so bange dabey wird / daß sie fast an die abgezwungenen Verträge nicht gedenken wollen.

CELINDE. Ich höre die Sache von Hertzen gerne: aber darff ich so vertraulich seyn / jhm etwas zu entdecken?

ROCCELLA. Wil meine Gebieterin mich dieser Gnade theilhafftig machen / so wil ich als ein ewiger Schuldner verschwiegen seyn.

CELINDE. Es ist eine Sache / die mir nicht ansteht zu wissen / und die mir noch weniger ansteht nach zusagen / gleichwohl / was thut die gute Affection nicht?

ROCCELLA. Ich werde gantz ausser mir entzücket / daß ich nach meinem Gefängnisse mit so wunderseliger Gnade erqvicket werde. Doch worinne beruht das Geheimnis?

CELINDE. Ich begieng einen vorwitzigen Fehler und schlich mich auf das geheime Cabinet / gleich als von wichtigen Dingen gerathschlaget ward / so hört ich / daß mein Herr Vater Befehl gab / den Fischer- Knecht mit den köstlichsten[148] Weine zu regaliren: Doch also / daß er mit etlichen durchdringenden Tropffen vermischet würde / welche nicht dem Hertzen das Leben / sondern dem Kopffe den Verstand nehmen solten. Ach Glück über Glück / daß ich hören soll / wie dieser Anschlag seine Endschafft so glücklich erreichet hat.

ROCCELLA. Es ist ein Anschlag von hoher Gefahr / aber von ungläublichen Nutzen: wiewohl die Gefahr scheinet überwunden zu seyn / weil der rasende Hund nunmehr in sein Verderben dahin rennet. Inzwischen sag ich unterthänigen Danck / daß mein Hertze gewürdiget wird / ein Geheimnüß von jhrer wunderschönen Seelen zuerfahren.

CELINDE. Darauß mag er mein hertzliches Mitleiden wegen seiner Gefangenschafft abnehmen. Doch wir wollen diesen Personen entweichen.


Quelle:
Christian Weise: Masaniello. Stuttgart 1972, S. 147-149.
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