Erster Auffzug.

[5] Der Schauplatz praesentiret sich gantz finster.

Liebhold, ein Gastwirth. France, Hugo, zwey Bürger. Lars. Der Haußknecht / mit einem Lichte /ingleichen zwey Knaben mit Laternen / welche beyden Gästen nach Hause leuchten.


LIEBHOLD. Die Herren eilen trefflich / es muß ihnen gewiß in meinen Hause nicht wohl gegangen seyn.

FRANCE. Wir werden das gute Tractament allzeit rühmen. Doch wer auff den Morgen seine Arbeit vor sich hat / der muß sich auff den Abend desto zeitlicher nach dem Bette umsehen.

HUGO. Die rechte Wahrheit zu bekennen / ich wüste nicht / daß ich in neulicher Zeit vergnügter gelebet hätte: Doch einer Ursache halben / nehm ich zeitlicher Abschied / als mir lieb ist.

LIEBHOLD. Ich mercke es wohl / wo sie hinzielen / die Compagnie von Bauern hat unsre Lust verstöret / ich wolte wündschen / daß die unhöfflichen Gäste einen andern Tag kommen wären.

FRANCE. Ach unsert wegen mögen sich die guten Leute immer lustig machen / ein Bauer kömmt selten dazu / daß er was gutes zu sauffen kriegt / drum muß er das Kalb hernach mit einander austreiben.

HUGO. Ich gestehe es / ich bin ein Liebhaber der Music: Aber die Nachtigallen die ich heute habe singen hören / die möchte ich nahe bey meinem qvartier nicht wündschen.

LIEBHOLD. Ich habe das allemahl am meisten beklaget / daß ein Gastwirth meines gleichen die Leute ohne Unterscheid[5] bey ihren Willen lassen muß. Kömmt ein vornehmer Herr / so haben die Diener ihren Muthwillen / kömmt ein Bauer / so will er vor sein Geld auch etwas schreyen / und also hab ich offt in der gantzen Wochen kaum etliche Stunden / da ich so liebe Freunde nur in etwas accomodiren kan.

FRANCE. Er lasse sichs lieb seyn / daß er in seinen Gasthofe noch Leute hat / die schreyen wollen.

HUGO. Nun das wäre gnung von Schreyen geredt / ich weiß doch wohl / daß mir die Ohren drey Vierthel Jahr nach einander davon weh thun werden.

LIEBHOLD. Und zu diesen Wehthagen hab ich Anlaß gegeben: Sie lassen mich so glückselig seyn / und geben mir ein andermahl die Ehre / da ich mein Freyheit besser brauchen kan.

FRANCE. Eine schöne geruhige Nacht.

HUGO. Ach dem Gastwirthe ist mit keiner geruhigen Nacht gedienet / etliche tutzend Bauer davor ins Hauß gewünscht / die brave kälbern / und die Nacht unruhig machen / das ist ein Fressen vor einen Mann von solcher Profession.

LIEBHOLD. GOtt geb uns allen was uns gut und seelig ist.


France und Hugo gehen ab.


LIEBHOLD. Es wird schon Abend / wo sich die Bauern nach der Stunde richten wollen / so müssen sie fort.

LARS. O die Schelmen fragen nicht viel darnach / wenn sie gleich verschlossen werden / und zur Noth können sie zur kleinen Pforte nauß / wenn sie noch zwey Stunden bey uns warten.

LIEBHOLD. Die Pforte hat schon manche Kanne Wein verthun helffen / denn sie verlassen sich drauff / daß sie zur Stadt nauß können / und wenn sie sich aus dem Circkel gesoffen haben / so müssen sie doch bey mir bleiben / und das Früh-Stücke bezahlen.

LARS. O die ietzigen Bauer gehen alle mit / sie trincken[6] vom Besten / und feine viel / man siehts wohl / daß sie heuer viel Weitze gebauet haben.

LIEBHOLD. Nun so komm und sieh / daß sie unser Wirths-Hauß loben / so kommen sie ein andermahl desto lieber wieder. Gehet ab.

LARS. Ja ja / ich will schon was aus dem süssen Fasse drunter giessen / daß sie bey der Lust bleiben sollen. Geht ab.


Quelle:
Christian Weise: Ein wunderliches Schau-Spiel vom niederländischen Bauer. Stuttgart 1969, S. 5-7.
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