Achter Auffzug.

[17] Die Vorigen. Stax, Micke, Trabanten. Mierten, ein Bauer / schlaffende. Hernach Lauxon, eines Brandtweinbrenners Diener.


PHILLIPPUS. Was giebt es hier zu thun?

STAX. Gnädigster Herr / da liegt ein voller Bauer / wir haben ihn gestossen und gerüttelt / aber er will sich aus dem Schlaffe nicht wecken lassen.

PHILLIPPUS. Will er nicht wachen / so mag er schlaffen. Doch / wie kan doch ein Mensch zu einem Steine oder zu einem Klotze werden / wenn er einmahl vom Schlaffe überwunden wird.

ROBERT. Ja wohl entschläfft alle Empfindligkeit mit / daß man auch das härteste Tractament nicht einmahl in acht nimmt.

PHILLIPPUS. Er weiß nicht / was er vor ungeschickte Federn in seinem Bette hat.

ROBERT. Und er wird sichs ietzo nicht träumen lassen / was er vor einen hohen Zuschauer hat.

PHILLIPPUS. Ihr bringet uns auff artige Gedanken: wir könten Anlaß geben / daß dem Bauer etwas gutes träumete.

ROBERT. Ich bin zu einfältig / daß ich diesen scharfsinnigen Vorschlag errathen soll.

PHILLIPPUS. Solt es nicht angehen / daß wir den vollen Kerlen nach Hofe brächten / Hessen ihn wohl ausruhen / und tractirten[17] ihn den gantzen Tag auffs köstlichste / da wäre ihm leicht ein Rausch wieder zugebracht / und wenn er an diesen Ort geleget würde / so müste er sich nothwendig einbilden / als wenn ihm von dergleichen Herrligkeit geträumet hätte.

ROBERT. Es solte eine Lust geben / die man nicht verbessern könte / doch der gute Mann würde einen Tag aus dem Calender verlieren.

PHILLIPPUS. Vielleicht mag der arme Stümper in seiner Calender-Rechnung nicht Capitelfeste seyn. Auff ihr Kerlen / seht / wie der volle Bauer nach Hofe geschaffet wird / dieser Robert soll euch hernach weiter befehlen / was mit ihm soll gethan werden.

STAX. Wir wollen schon sehen / daß wir mit ihm zurechte kommen.

PHILLIPPUS. Fahret säuberlich mit ihm / daß er nicht aus dem Schlaffe gestöhret wird / sonst wäre die gantze Lust auff einmahl verdorben.


Geht mit Robert ab.


STAX. Es wird Künste setzen / daß man mit so einem vierschrötigen Flegel säuberlich umbgehet.

MICKE. Der Schelme reucht trefflich nach Weine / wo er sich besoffen hat / so wird er so bald nicht munter.

STAX. Und wo er einen Centner Wein im Leibe hat / so ist er desto schwerer.

MICKE. Hui das müste ein grosser Rantzen seyn / da ein Centner Wein drinne raum hätte.

STAX. Nun last sehen / wie wird sich der Kerle schicken.


Sie schleppen ihn heraus.


MICKE. Damit kommen wir nicht fort / darneben ist ein Brandtewein Hauß / da wollen wir uns ein Karrete mit einen Rade borgen / da wollen wir am besten mit zu rechte kommen.

STAX. Es ist doch nichts so schlimm / es ist zu was gut / wärestu kein Brandtwein-Bruder / so bekämen wir kein Fuhrwerck.

MICKE. Was hastu mir meinen Brandtewein vor zu werffen /[18] wenn ich mein Geld im Weine versauffen wolte / so wüste ichs wohl.

STAX. Ja ja der Brandtewein liegt breiter / man kömmt mit zwey Groschen weiter als beym Weine.

MICKE. O laß mich zu frieden / wenn der Brandtewein wird gestorben seyn / so will ich auch sterben. Er klopffet. Holla / ist niemand der mir auffmachet?

LAUXON kömmt mit einen Lichte heraus. Ie Herr Micke seyd ihrs / es hat mir lange wunder genommen / daß ihr uns heute ein Tagewerck schuldig blieben seyd.

MICKE. O du Lecker / ist das der Danck / daß ich deinem Herren / so viel Geld auffzuheben gebe.

LAUXON. O Herr / ihr dürfft nicht böse werden / ich dencke / es ist den Leuten eine Ehre / wenn sie fleißig zu uns kommen.

MICKE. Freylich solstu Ehre davon haben / wo du mir thust / was ich haben will.

LAUXON. Das kan ich nicht wissen / was ihr haben wollet.

MICKE. Höre / hat dein Herr nicht einen Schiebekarrn übrig?

LAUXON. Nein er hat keinen übrig / denn wir brauchen ihn alle Tage selber.

MICKE. Ich meine / ob er einen übrig hat / denn er uns auff eine Stunde leihen kan.

LAUXON. Ja ihr seyd gar safftige Herrn mit dem leihen / es drückt sich nur ums wiedergeben.

MICKE. Ey du solt ihn bald wieder haben / komm ich doch alle Tage zu dir / wirstu betrogen / so rechne mirs an Brandteweine ab.

LAUXON. Ich müste viel Wasser unter den Brandtewein giessen / ehe ich einen gantzen Schiebkarrn bezahlete. Doch was wolt ihr denn mit machen?

MICKE. Sieh nur / da liegt ein armer Mensch / und ist todt kranck / so wolte ich gerne sehen / daß man ihn könte zum Doctor schaffen.

LAUXON. Der Narr hat gesoffen / last ihn nur liegen / auff dem Morgen wird er sich selber helffen.

MICKE. Es hat sich wohl / der Kerle ist zu Hofe ein nützer[19] Mann / wenn wir drüm kähmen / so liedte der Fürste tausend Thaler Schaden.

LAUXON. Nun der lieben Barmhertzigkeit wegen will ich was thun / kommt und macht nicht ein groß Gepolter / wanns der Herr sieht / so schilt er.


Er bringt den Schiebekarn / da agiren sie poßierlich mit einander / biß er fortgeführet wird.


Quelle:
Christian Weise: Ein wunderliches Schau-Spiel vom niederländischen Bauer. Stuttgart 1969, S. 17-20.
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