Zwölffter Auffzug.

[41] Wilhelm, Stallmeister. Heinrich Cammer-Juncker.


WILHELM. Der Fürste will uns die Freude nicht gönnen.

HEINRICH. Er ist nicht anders. Denn wir dürffen den Fürsten nicht in das Frauenzimmer begleiten.[41]

WILHELM. Was ietzund nachbleibet / das soll schon bey der Taffel eingebracht werden.

HEINRICH. Es ist gewiß / der Kerl muß ein Denckmahl mitnehmen / daß er weiß was ihm getraumet hat.

WILHELM. Ich freue mich nicht so sehr auff die Kurtzweile des heutigen Tages / als auff die Erzehlung / die der Bauer von seinem Traume machen wird.

HEINRICH. Ich möchte gerne dabey seyn / wenn er in seinem alten Zippel-Peltze wiederum auffstehen wird.

WILHELM. Aber solte nicht ein listiges Stückgen von unsern Piksten darunter verborgen seyn?

HEINRICH. Der Herr sucht seine Kurtzweile / ich halte nicht / daß er uns Hoff-Leuten diesen Bauer zum Lehrmeister vorstellen wird.

WILHELM. Indessen ist das Menschliche Leben nichts anders als ein Traum / wie vielmahl haben sich die Ehren-Stellen zu Hofe verändert / und wenn man die vorige Person fragen solte / so würden sie von aller Glückseligkeit nichts mehr übrig haben / als der elende Bauer / wenn er sich wieder in seinem Zippel-Peltze befinden wird.

HEINRICH. Es ist doch ein Unterscheid / wenn etwas viel Jahre nach einander währet / und wenn man in seinem Vergnügen viel Jahr nacheinander unterhalten wird.

WILHELM. Was ist ein Jahr / und was ist ein Augenblick / niemahls kan ich mehr geniessen / als ein gegenwärtiger Augen-Blick austräget.

HEINRICH. Aber wenn ich etwas wahrhafftig geniesse / so kan es mit einer eilenden Einbildung nicht verglichen werden.

WILHELM. Wenn aber die fröliche Zeit verschwunden ist / so ist dennoch nichts mehr übrig / als ein Schatten-Bild / daß man sich in Gedancken vorstellet.

HEINRICH. So müssen die Leute toll und rasend seyn wenn sie eines Schattenbildes wegen so viel Arbeit / so viel Mühe / so viel Angst und Gefahr über sich nehmen wollen. Man dencke doch / was hat man zu thun / ehe die Gnade des Fürstens erlanget wird / und wie muß man sich schmiegen / wenn sie soll erhalten werden.[42]

WILHELM. Auch die Mühe und die Sorge ist ein Schatten-Werck / wenn die Noth vorüber ist / so denckt man eben so viel dran / als an einen Traum / der uns was schreckliches vorgestellet hat.

HEINRICH. Wenn dieses wahr ist / so begehen die Staats-Leute lauter Thorheit.

WILHELM. Das folgt nicht. Ich wolte dem Meister was ehrliches zahlen / der mir alle Nacht zu einem guten Traume helffen könte. Denn ob gleich die Augen-Blicke vergänglich sind / so hat mans doch gerne / daß sie mit guter Freude beschlossen werden.

HEINRICH. Wo ich lange mit ihm rede / so werd ich ein Philosophus, er komme und lasse sich in eine Compagnie führen / da wir ihm überstimmen können.

WILHELM. Ich lasse mich leicht überstimmen / denn in der Gesellschafft rede ich / was denen meisten lieblich ist.


Gehen ab.


Quelle:
Christian Weise: Ein wunderliches Schau-Spiel vom niederländischen Bauer. Stuttgart 1969, S. 41-43.
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