Fünffter Auffzug.


[26] Cunigunda. Hernach Bäbel, ein lustiger Gärtner.


CUNIGUNDA. Du unbarmherziges Glücke! so ist es unmöglich / daß ich zugleich eine Mutter und eine Königin verbleiben[26] soll? Ach du allerliebster WENTZEL / soll ich dir etwas zu Leide thun / deine Küsse sind mir allzu angenehm / gleichwohl aber / du tausendgeliebter ZABISCH, soll ich mich deiner Küsse berauben / die sind mir noch viel angenehmer. Ach Himmel! laß mich eine Mutter bleiben; doch neinl laß mich eine Königin heissen.

BÄBEL kömt gelauffen. Ha ha ha ha! last ihr mich die gantze Zeit meines Lebens einen ungläubigen Thomas heissen.

CUNIGUNDA. Siehe da Bestie / was hastu hier zu suchen?

BÄBEL. Ich will einmahl lachen / daß unser Pfaffe so ein schrecklicher Narr ist.

CUNIGUNDA. Gehe auff den Weissenberg / und lache biß du satt hast / nur laß unsere Gedancken unverstöret.

BÄBEL. Ich habe gleichwohl gewettet / und habe mich darauff beruffen / die gnädigste Frau Königin / soll den Ausspruch thun / ich werde auf dem weissen Berge lange sitzen / ehe sich eine Königin PRÆSENTIret.

CUNIGUNDA. Du hörest es wohl / du solt mich gehen lassen.

BÄBEL. Gnädige Königin / das hört ihr auch wol was mein Vorbringen ist.

CUNIGUNDA ad spectatores. Dieses Unglück laden sich hohe Personen auff den Halß / wenn sie bey lustiger Zeit einen solchen Fantasten zum kurtzweiligen Rathe machen / so müssen sie auch bey ihrer wichtigsten Verrichtung der Fantasey entgelten.

BÄBEL. Damit hab ich noch keine Antwort.[27]

CUNIGUNDA. Was wilstu denn? erlöse mich doch fein von der Ungedult.

BÄBEL. Ja ja kurtz gnung. Unser Pfaffe spricht es ist einmahl eine Stadt in der Welt gewesen / die hat Jerusalem geheissen.

CUNIGUNDA. Das ist wahr.

BÄBEL. Ich wolte es wäre nicht wahr / so hätte ich meine Wette gewonnen. Aber er sagte / die Stadt wäre einmahl belägert worden.

CUNIGUNDA. Das ist mehr denn einmahl wahr.

BÄBEL. Es darff nur einmahl wahr seyn / so habe ich verspielet. Doch ist denn diß wahr / daß die Leute drinne so schrecklichen Hunger gelitten haben?

CUNIGUNDA. Es ist freylich wahr. Aber was soll ich von den Händeln Rechenschafft geben / die mehr / als vor tausend Jahren geschehen sind.

BÄBEL. Gnädige Frau Königin / habt nur Gedult / nu kömts. Ist denn das wahr / daß eine Mutter in der Stadt ihr lebendig Kind geschlachtet hat?

CUNIGUNDA. O du Bösewicht / wer bringt dich auff diesen DISCURS? es ist freylich wahr.

BÄBEL. O gnädige Frau Königin sprecht immer es ist nicht wahr / sonst habe ich verspielet.

CUNIGUNDA. Du hast deinen Bescheid / packe dich fort / sonst sollen dir die Wege gewiesen werden.[28]

BÄBEL. Ich werde ohne dem wohl gehen / wenn ich keine bessere Antwort kriege. Doch nur noch eins: Ist es denn auch wahr / daß sie hat das Kind braten lassen?

CUNIGUNDA schlägt ihn. Gehe du Stückschelm und warte / biß dir ein Bote geschicket wird.

BÄBEL ad spectatores. Ich muß gehen / wo ich lange da bleibe / so spielen wir eine COMŒDIE, sie ist die Mutter zu Jerusalem / und ich bin ihr liebes Schoßkind / das sie braten lässet.


Quelle:
Christian Weise: Sämtliche Werke. Berlin und New York 1971 ff., S. 26-29.
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