Achter Auffzug.


[65] Zabisch, hernach Cunigunda.


ZABISCH. So wird des Menschen Gemüthe durch unterschiedene Bewegungen nicht anders herum getrieben / als ein Schiff / welches in der offenbahren See das Spiel mit allen 32. Winden versuchet hat: Bey der Königin soll ich verliebt seyn / gegen dem jungen König soll ich im Hertzen[65] grausam seyn / gegen die gesammten Stände soll ich behutsam und furchtsam seyn / das Spiel ist gefährlich / und wenn es numehr nachgelassen wird / so ist es schimpfflich. Wiewohl auff einer Seite kan eine Königs- Crone gewonnen / auff der andern aber nichts mehr / als das elende Leben verspielet werden.

CUNIGUNDA kömt. Was sagt der jenige vom verspielen / welcher dazu gebohren ist / daß er auch ein Königlich Hertz gewinnen kan?

ZABISCH. Allerschönste Königin!

CUNIGUNDA. Angenehmster Liebhaber!

ZABISCH. Ich hab mein Glück auff das Spiel gesetzt.

CUNIGUNDA. Wer im Schachspiele die Königin hat / dem trauet man das beste Vortheil zu.

ZABISCH. Hier steht aber ein geringer König / welchem der geringste Bauer Schach bieten kan.

CUNIGUNDA. Die Königin soll mit ihrer SECUNDE dazwischen kommen. Ach mein allerliebster! Die Liebe darff nicht furchtsam seyn / seht / wie auffrichtig ist meine Vergnügung.

ZABISCH. Und wie übermäßig ist meine Freude.

CUNIGUNDA. Weil ihr im Leben seyd / so hab ich mein Leben lieb.

ZABISCH. Und weil ich mein Leben in einer so hohen Person lieben kan / so muß ich meinen Untergang verhindern.[66]

CUNIGUNDA. Ihr habt bißhero die Pflicht einer verschwiegenen Liebe wohl in acht genommen: Nun soll die Tugend vor aller Welt offenbahret werden.

ZABISCH. Ich will den Ruhm behalten / daß ich der Treueste im Königreiche bin.

CUNIGUNDA. Ach warum nicht der Edelste / der Höfflichste / der Liebenswürdigste?

ZABISCH. Das Widerspiel möchte mich beschämen.

CUNIGUNDA. Ach nein / die Königin würde beschämet werden / welche diesen Ausspruch gethan hat.

ZABISCH. So will ich gehorsam seyn / und meinem eignen Ruhme Glauben zustellen. Ach allerschönste Königin / soll ich einmahl öffentlich vergnüget seyn?

CUNIGUNDA. Ach ungeduldiger Liebhaber / soll ich einmahl öffentlich Gelegenheit dazu haben?

ZABISCH. Ich bin bereit / der Gelegenheit entgegen zu gehen.

CUNIGUNDA. Und ich bin bereit / ihm mehr als auff dem halben Wege zu begegnen. Ach seht mit solcher AFFECTION will ich euch zum König erklären. Küsset ihn.

ZABISCH. Ach himmlische CUNIGUNDA, sie verschone mich mit dieser übermäßigen Süßigkeit.

CUNIGUNDA. Ich kan nicht schonen / denn meiner wird nicht geschonet / warum ist er so annehmlich? warum hat er mein Hertz so gefesselt? Ach! warum kan er solche Küsse mittheilen / daran sich die Götter vergnügen möchten?[67]

ZABISCH. Nun wündsche ich selbst / ein König zu seyn. Doch wohin zielet der ungewöhnliche Tumult?


Quelle:
Christian Weise: Sämtliche Werke. Berlin und New York 1971 ff., S. 65-68.
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