Zehender Auffzug.


[70] Wentzel, Rudolf. Hernach Girschick, Wazek, Tobiasch, ein junger Bettler.


WENTZEL. Was mach ich mit dem Zucker?

RUDOLF. Er dienet zum Essen. Doch mich dünckt / auff den folgenden Tag möchte er gesünder seyn.[70]

WENTZEL. So will ich warten. Doch was wollen unsre Diener mit dem unbekandten Betteljungen?

RUDOLF. Wir müssen der COMŒDIE von weiten zusehen.

TOBIASCH. Ich bin kranck.

GIRSCHICK. Ich bin kein DOCTOR.

WAZEK. Und wenn ich mich vor einen DOCTOR ausgebe / so verlanget niemand meine Artzney.

TOBIASCH. Ach wie kneipt mich das Bettelbrod im Leibe.

GIRSCHICK. Gieb dich zu frieden / das Bettelbrod hat einen heimlichen Segen bey sich / wenn es mit guten Gewissen genommen wird.

WAZEK. Ja ein schöner Segen / da die Leute von allen hunderttausend Fluchen / wenns gegeben wird.

TOBIASCH. Es ist kein Wunder / wer nichts warmes isset / und lauter Wasser trinckt / dem wird der gantze Leib gar leicht rebellisch.

GIRSCHICK. Ich darff kein Geld anrühren / sonst spendirte ich ein paar Pfennige zu Brandewein.

WAZEK. Und ich mag Geld anrühren / es wird mir nur nicht so nahe geleget / daß ich dazu komme.

TOBIASCH. Je nun / wenn ich keine Hülffe an dem Orte haben kan / so muß ich meinen Stab weiter setzen.

RUDOLF. Was ist hier vor ein Mensch?[71]

GIRSCHICK. Es war ein Bettler / der hatte ein Anliegen.

RUDOLF. Ey solche Leute soll man nicht ohne Trost weg lassen. Es kan seyn / daß ein Freund des Himmels hierdurch verstossen wird.

TOBIASCH. Ach ja der Himmel ist mir gar gut / die Erde will mir nur zur Stieffmutter werden.

RUDOLF. Worinne kan euch aber geholffen seyn?

TOBIASCH. Ich bin kranck / und möchte immer da auff dem Steine liegen bleiben.

RUDOLF. Es soll befohlen werden / daß ihr was aus der Königlichen Küche bekommt.

TOBIASCH. Ach ich kan nicht essen / ich bedancke mich / und wenn ich auch was möchte / so wäre es schon kalt / ehe ichs geniessen könte.

WENTZEL. Ja du armer Kerl / da hastu ein bißgen Zucker / ich will dirs so lieb gönnen als mir selber.

TOBIASCH. Ach grossen danck schöner Herr / zum Wahrzeichen / daß mirs soll gesund seyn / will ichs auff eure Gesundheit verzehren.

WENTZEL. Nun laß dirs wohl schmecken. Geht ab.

RUDOLF. Ach ihr Böhmen / sehet was vor ein wolthätiger König bey euch auffwachsen soll. Geht ab.

GIRSCHICK. Nun wird dem Bettler gerathen seyn / da er ein stücke Zucker im Leibe stecken hat. Geht ab.[72]

WAZEK. Und nun weiß ich / was zu thun ist. Wenn mich einmahl nach Zucker gelüsten wird / so will ich kranck seyn. Geht ab.

TOBIASCH. O es ist so arg nicht / daß mir der Zucker schaden soll / wenn die Bettler nicht können kranck seyn / wenn sie wollen / so geht ihnen drey PRO CENTO an den Allmosen ab / ich ruffe alle zum Zeugen an / daß mir nichts gefehlet hat: Steckt nichts böses im Zucker / so verseh ich mich morgen eines schönen und guten Tages.

Quelle:
Christian Weise: Sämtliche Werke. Berlin und New York 1971 ff., S. 70-73.
Lizenz:
Kategorien: