Achter Auffzug.


[89] Die Vorigen. Czenko, Woko.


CZENKO. Verrätherey! das Königreich soll zu Grunde gehen.

WOKO. Verrätherey! Man ist im Königlichen Schlosse nicht sicher.

CUNIGUNDA. Ach weh! Soll unser Königlicher Herr Sohn wiederum etwas empfunden haben!

CZENKO. Wer das Königreich lieb hat / mache sich nur davon / daß er den Untergang nicht sehen darff.

WOKO. Und wer im Lande bleiben will / der werde nur ein Verräther / damit er die Belohnung von seines gleichen hoffen kan.

CUNIGUNDA. Ach warum werde ich auffgehalten? Sagt mir doch ob ich leben oder sterben soll.

CZENKO. Das weiß ich / daß ich mich über mein Leben heute hundertmahl erzürnet habe.

WOKO. Und das weiß ich / daß ich den Todt mehr als hundertmahl gewünschet habe.[89]

CUNIGUNDA. Ach es ahnet mir ein grosses Unglück.

CZENKO. Der König ist weg.

CUNIGUNDA. Ach ist der König tod! Ich will ihm folgen.

ZABISCH umfasset sie.

CZENKO. Gnädigste Königin / so kan man nicht folgen / der König ist weg / er hat sich entführen lassen / seine Bedienten sind nirgends anzutreffen / keine Spur ist zu erforschen / wo der unglückselige Verräther seinen Weg muß hingewendet haben.

ZABISCH. Wie? soll es möglich seyn / daß sich jemand so einer leichtfertigen That unternehmen soll? Auf ihr Brüder / last die Strassen bereiten / ob man der geringsten Anzeigung könne theilhafftig werden.


Czenko und Woko gehen grimmig ab.


ZABISCH. Die andern Herrn werden sich belieben lassen / in der gantzen Stadt nachzuforschen / ob jemand sein Hauß zu einer verrätherischen Mördergrube machen wolle.


Poto und Sbinko gehen ab.


ZABISCH. Aber ach! was soll ich mehr befehlen / oder was soll ich mehr beklagen!

CUNIGUNDA. Der Gifft hat seltzame Würckung.

ZABISCH. Wenn mein Unterhembde von diesem Geheimniß etwas hätte wissen sollen / ich wolte es gestern an meinem Leibe verbrennet haben.[90]

CUNIGUNDA. Und dennoch siehet alles so besorglich aus / als wenn der Argwohn einen Schlüssel zu dem Geheimnüsse gefunden hätte.

ZABISCH. Wir wollen den Haupt-Schlüssel zu dem Königreiche Böhmen brauchen / damit soll uns der verborgene König unverschlossen seyn.

CUNIGUNDA. Den Schlüssel zu meinem Königlichen Hertzen habt ihr gefunden: Allein ich stehe in Sorgen / ob sich alle Schlösser so leichte gewinnen lassen. Ach meine Seele / die Zeit ist zu köstlich / klagen können wir ein andermahl / die gegenwärtige Gelegenheit muß mit Sorgen und emsigen Verrichtungen angewendet werden.

ZABISCH. Allerschönste Königin! diesen Kuß lasse ich zum Pfande / daß ich meinen Schlaff verschweren will / ehe sich die Verrätherey wird an das Licht bringen lassen.

CUNIGUNDA. Und dieser Kuß soll gleicher Gestalt Zeuge seyn / daß ich eine QUALIFICIRte Person höher halten muß / als meinen König.

ZABISCH. Wie hoch meine QUALItät wird zu rühmen seyn / das soll in der gegenwärtigen Verwirrung entdecket werden. Geht ab.

CUNIGUNDA. Wie verkehrt spielet das Glücke mit meiner Hoffnung / eine Mutter pflegt sich sonst bey dem Tode ihres Sohnes zu betrüben: Doch mein Hertze will vor Unmuth zerspringen / daß ich den Tod meines Sohnes öffentlich nicht beweinen kan. Gehet ab.


Quelle:
Christian Weise: Sämtliche Werke. Berlin und New York 1971 ff., S. 89-91.
Lizenz:
Kategorien: