LI.

[71] Es ist Zeit daß ich den Vierdten Affect betrachte / da man gern etwas zu richten hat / und da[71] man sich in solche Fälle verliebt / die nach unsrer Freundschafft oder Barmhertzigkeit wol abgelauffen sind. Wie froh wird doch das Frauen Zimmer wen ein Verächter jhres Geschlechtes irgendwo schlecht abgewiesen worden: Und wie süsse scheint die Erzehlung / wen ein treuer Liebhaber am Ende mit einer rechtschaffenen Gegenliebe erfreuet worden. Es geht auch in aller Conversation fast nicht anders her. Einer verliebt sich in die Frantzosen / daß man leicht etliche Kannen Wein verdient / wen ihm was glückliches davon zu Ohren gebracht wird. Hingegen ein ander spendiret nicht eher ein Nössel Wein auff seinen Leib / als wenn die Frantzosen in den offentlichen Zeitungen geschlagen worden. Drum ist auch so viel daran gelegen / daß ein Politicus sich u die unterschiedenen Gemüther bekümmert / was zum Exempel / ein Fürst / ein Staatsmann / ein Gelehrter / ein Soldat / ein Kauffmann / ein[72] Bauer vor bewegungen an Haß und Freundschafft bey sich fühlet; indem er also leicht etwas lustiges / nach eines jedweden Humor daher schwatzen / und alle Welt mit leichter Mühe zu Freunden behalten kan.

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Christian Weise: Kurtzer Bericht vom politischen Näscher, Leipzig 1680, S. 71-73.
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