[302] Die Vorigen, Thyest.
ATREUS.
Verfluchter Mörder! ...
Er wird Thyesten gewahr.
Ah!
Was seh' ich? – dieser lebt!
[302] Er versucht es etlichemal, sich aufzuraffen, aber vergeblich.
PRIESTER.
Aegisth! Aegisth!
Du tatst nicht recht! –
AEGISTH.
Ich tat, was ich gesollt!
THYEST die Hände ringend, zum Priester.
Mein Freund! –
ATREUS.
Ah! nun fühl' ich die Hölle ganz!
Zum Aegisth.
Vermaledeiter Sohn!
AEGISTH.
Ich wär's, wär' ich
Dein Sohn!
PRIESTER.
Du nicht?
ATREUS.
Komm her: Thyest! komm her
Und spotte meiner Qual! Du bist gerächt!
Ich bin es wert! daß ich euch allesamt
In meinem ersten Grimm nicht gleich zerrissen! –
Verfluchter Priester! daß – ich dir getraut!
Zum Aegisth.
Daß ich dich nicht aus deiner Mutter Schoße
Lebendig riß, und deiner Mutter dich
Nicht so zu fressen gab, wie diesem hier
Sein Fleisch. – Ich bin es wert! ... ihr Furien!
Greift zu, schleppt mich in jene Finsternis! ...
O weh! wie schwarz! dort, dort! – was seh' ich dort?
Zwo Seelen steigen tief herauf! – Plisthen
Und Tantalus – voll Blut – zerfleischt – und itzt –
Sie waffnen sich mit Skorpionen ... helft! –
Der Richter Minos! – fort –
Er schlägt die Augen auf.
O weh! o weh!
Thyest lebt noch! Thyest! Aegisth? und du? –
Zum Priester.
PRIESTER.
Das Maß der Grausamkeit war voll! – sein Stolz
Liegt hier im Staub! das höllische Gericht,
Mit Schrecken angetan, bringt itzt von ihm
Das schwarze Rechnungsbuch ... ah! wie er kämpft!
Der Götter Spruch ist nun gewiß erfüllt.
Dein Blut, Thyest, ist durch sein Blut gerächt!
Du herrschst! kein Zwist trennt beide Brüder mehr!
Den Göttern sei's gedankt! –
Atreus stirbt.
Das Untier stirbt!
THYEST.
Betrogner Freund! Du weißt nicht, was in mir[303]
Für eines lebt – Sieh! dieser ist mein Sohn!
Mein Enkel! ... Atreus Weib, die Tochter, die
Du rettest, mein ... sag es aus, Aegisth!
Dort liegt sie – dort – die Mördrin ihrer selbst! –
Ihr letztes Wort verflucht' mich im Aegisth,
Und Pelops Haus wird bei der Nachwelt noch
Ein Monument abscheulicher Taten sein!
PRIESTER.
Ah! ist der Götter Zorn noch nicht versöhnt? –
Unglücklicher Thyest! dies ist die Frucht,
Wenn man ein Sklav' von einer Sünde wird!
Ein Laster knüpft sich stets dem zweiten an:
Die Kette wird so lang und schwer,
Daß keine Macht ihr unser Herz entwindet,
Bis ihre Last uns in den Abgrund zieht.
Ende des Trauerspiels.
[304]
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