Siebende Begebenheit.

[444] Als Kayser Sigismund, welcher im Jahr Christi 1437. gestorben, mit seinem Kriegs-Heer über ein Gebürg gezogen, ist ihme unter Weegs neben anderen ein Soldat erschlagen worden. Wie er nun wiederum zuruck kommen, hörte er samt seinem gantzen Kriegs-Heer in derselbigen Gegend, mit grosser Verwunderung ein sehr klägliches Heulen. Und wie aus Befehl des Kaysers die Soldaten unter den Stauden und Gesträus nachsuchten, fanden sie in einem Busch einen Todten-Cörper schier gar verwesen, von welchem das klägliche Heulen herkame. Wie sie ihn nun angeredt, und gefragt, wer er seye, und warum er so erbärmlich heule, hat er überlaut aufgeruffen: O die ihr um mich herum stehet, laßt mir doch einen Priester kommen, damit ich ihm beichten könne. Hierauf erzählte er ihnen, wie daß er unter dem Kayser Sigismund ein Soldat gewesen, und an diesem Ort vor etlich Jahren erschlagen worden, seye auch schon an dem gewesen, daß er wegen etlicher Sünden, die er nicht gebeichtet, noch gebüßt, hätte sollen ewig verdammt seyn: weil er aber in seinem Leben der seligsten Jungfrau und Mutter GOttes fleissig gedient, und selbige verehrt habe, seye ihm von GOtt in Ansehung dero Vorbitt diese Gnad und Barmhertzigkeit wieder fahren, daß sein Seel aus dem Leib, wiewohl er schier gar verweesen, nicht scheiden, sondern zur Beicht kommen, und ewiglich selig werden solle: wie dann auch geschehen, und die Seel gleich nach abgelegter Beicht und Absolution vom Leib seliglich verschieden, und die klägliche Stimm weiter nicht gehört worden. Worüber der Kayser Sigismund samt allen Anwesenden GOtt in seiner Mutter gelobt hat.


Pelbartus in stella Coronæ l. 12. p. 2. a. 1.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 444.
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