Seltsame Begebenheiten, und Unglückseelige Zufäll von der Beicht.

Das erste Capitel.

Da bewiesen wird, wann die Beicht ungültig, übel gemacht worden, daß ein Christen Mensch schuldig ist diese zu wiederhohlen, samt allen anderen nachgefolgten Beichten.

[898] Erstlichen, wann der Beichtende nicht hätte erforschet sein Gewissen, und kein Fleiß gebraucht sich der begangenen Sünden zu erinneren, mit welchen er lange Zeit belästiget ohne Beicht gelebt. Dieses falls wann der Beichtvatter dem Beichtenden nicht hilft, und mit Ausfragen den Mangel der Erforschung ersetzet, so ist die Beicht übel gethan, ein Sacrilegium oder Mißbrauch des Sacraments. Dann also wird leichtlich ein Todsünd durch sträfliche Vergessenheit ausgelassen, als wann es mercklich mit Wissen und Willen geschehen wäre.

Zum anderen. Wann der Beichtende unter währender Beicht, grob in einer tödtlichen Sünd hätte gelogen.


Drittens. Wann boßhaftig ein verübte, oder vermeinte Todsünd verschwiegen wurde. Dann, so die Sünd dazumahlen nicht, aber nach der Beicht, als ein schwäre Sünd erkennet wird, so ist es genug ohne Wiederholung [898] der vorgethanen Beicht, diese allein zu beichten.

Viertens. Wann die Beicht geschehen wäre, ohne nothwendige innerliche Zubereitung, welche seyn muß ein wahre Reu der begangenen Sünden, und ein kräftiger Vorsatz, sich zu bessern? darzu gehörig ist, verlassen und fliehen die nähere Gelegenheiten zu sündigen: ermanglet dieses, so ist die Beicht ungültig.


Fünftens. Wann der Beichtende excommuniciret, das ist, wohl wissend mit einem Bann verhaft ist, und nicht achtet, bevor er sacramentalisch beichtet von dem Bann entbunden zu werden.

Sechstens. Wann der beichthörende Priester keinen, oder einen durch Verbott gehinderten Gewalt hätte: und der Büssende dannoch wissentlich sein Beicht bey diesem abgelegt.

Diese seynd die sechs Ursachen, vorige Beichten zu wiederholen, demnach in allen jeden jetzt gedachten Zufällen ein dergestalt beichtende Person von Sünden nicht entbunden, und absolvirt worden: und aus Ursach des grossen Mißbrauchs dieses Heil. Sacraments geschieht, so oft man also beicht, ein schwere Todsünd, ein Sacrilegium: welches in dieser und jener Welt GOtt scharf zu straffen pfleget, so man nicht umkehret, rechtschaffene Buß zu würcken. Dieses beweisen hell und klar viel erschröckliche Geschichten, welche aus dem Leben der lieben Heiligen GOttes, und aus andern bewährten Bücheren gezogen werden. Da ist es nothwendig, sich anzuklagen, indeme was verschwiegen, auch wie oft der zarte Fronleichnam Christi in dergleichen Sünden ist genossen worden; alles dieses ist nothwendig, deutlich in der Beicht vorzubringen.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 898-899.
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