Das erste Capitel.

Es wird vorgetragen ein hieher gehöriges, und sehr wichtiges Bedencken, das sehr wohl zu mercken.

[941] Viel beichten sehr übel, aus der Ursachen, weilen sie keinen Fürsatz haben sich zu besseren, deswegen seynd sie schuldig alle Beichten zu widerholen, welche sie ohne kräftigwürckende Besserung verrichtet haben. Ohne allen Zweifel finden sich sehr viel, die übel beichten, aus diesen Ursachen, dessen Grund ist aus der Muthmassung abzunehmen. Die Gelehrten streitten untereinander, ob der mehrere Theil der Christen seelig, oder verdammt werde: und wiewohlen die Meynungen unterschiedlich, doch vermeint der meiste Theil der Schrift-Gelehrten, daß mehr seynd aus denen, die den Christlichen Glauben bekennen, die verdammet, als seelig werden. Also zwar, daß aus zwantzig Schrif-Gelehrten, etwann fünf lehren, daß der mehrere Theil der Glaubigen, fünfzehen aber, daß der wenigere Theil seelig werde. Unter diesen Lehreren ist auch der englische Doctor Thomas von Aquin, da er ausleget jene Wort unsers HErrn Christi. Multi sunt vocati, pauci vero electi: viel seynd beruffen, aber wenig auserwählt. Aus allen Heil. Lehrern, ist gleichsam keiner, der nicht eben dieser Meynung wäre, daß auch der glaubenden Christen, der wenigere Theil seelig werde: welches zu gedencken ein erschröckliche Sach ist. Allein der Heil. Johannes Damascenus in einer aus seinen zweyen Sermonen von den Verstorbenen lehret das Widerspiel, doch Canus, Sotus, und Bellarminus muthmassen: daß die angezogene Meynung, daß der mehrere Theil der Christglaubigen solte seelig werden, nicht eigentlich die Lehr seye des Heil. Johannis Damasceni.


Daraus entstehet ein Zweifel, welcher dieser ist: der mehrere Theil der Christglaubigen stirbt mit dem Genuß der Heil. Sacramenten: gesetzt aus dreyßig sterben neun und zwantzig nach verrichter Beicht und nach dem Genuß des zarten Fronleichnams, wie auch nach empfangener letzten Oelung, allem Schein nach folget hieraus, als ob nicht so viel verdammet wurden. Spricht man, daß viel ihre gewisse Sünd zu beichten unterlassen, und solche aus Schamhaftigkeit verschweigen, wiewohlen deme also wäre, so ist es doch nicht glaublich, daß der mehrere Theil der Christen solches thue. Was muß dann für ein [941] Ursach seyn, daß so viel verdammet werden? die, welche besser dieser Frag nachforschen, befinden die Ursach, weilen die Beichtende nicht rechtschaffen aus dem Grund ihres Hertzens sich zu GOtt bekehren: dieses ist, was ich vorgenommen, hie abzuhandlen: nemlich man hat vielmahlen kein steiffen Vorsatz, und rechten Eyfer sich zu besseren, man beicht durch den Lauf des Lebens nur allein obenhin, und nicht mit Würckung der würdigen Frucht der Buß.

Dahero lasset GOtt der HErr zu, daß viel deren im Ablauf ihres Lebens keine bessere Beicht verrichten, und kein hertzlichen Fürsatz machen, das Leben zu besseren. Dieses wird bekräftiget mit dem, was Fraciscus Pezzollus erzählet in dem Büchlein von der Besserung des Lebens, über die Wort des Tridentinischen Concilii, welches meldet, die wahre Reu über die begangene Sünden, bestehe in einem Leyd, und Bedaurung, daß die Sünd begangen worden, mit einem steiffen Vorsatz nimmermehr zu sündigen. In Erklärung dieser Wort erzählet obgemeldter Auctor folgende Geschicht.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 941-942.
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