Das vierte Capitel.

GOttes Befehl ist, daß wir in der Beicht einen kräftigen Vorsatz haben, das Leben zu besseren und wie dieser Vorsatz beschaffen seye.

[946] Im ersten und vornehmsten Gebott des Gesatzes befiehlt uns die göttliche Majestät, wir sollen ihn über alles lieben: und als er dem sündhaften Menschen befiehlt, daß er sich zu GOtt, aus dem Grund seines Hertzens bekehre, bey Straf der ewigen Ungnad, und Verdammnuß, da gebietet er den steiffen Vorsatz nicht mehr zu sündigen, also daß alle disem Gesatz nachzukommen schuldig seynd.

Dieser steiffe Vorsatz, von welchem wir handlen, ist ein kräftige Erwählung alle Sünd zu vermeiden; welche doch in vielen grosse Beschwernuß bringet; nichts destoweniger ohne diesen [946] Vorsatz kan man kein vollkommene, zu der Beicht nothwendige Reu, und keinen rechtmässigen Eifer, welcher für das Sacrament der Buß erfordert wird, haben.

Aus Abgang dieses Vorsatz geschehen viel ungültige Beichten oder Sacrilegia: dann es nicht genug sprechen, und gedencken, ich wolte nicht mehr sündigen: ich wolte jene Gelegenheit zu sündigen verlassen, sondern der Vorsatz muß einen kräftigen Nachdruck haben, alle Sünd hinfüro zu meiden, und nimmermehr zu begehen, gleichwie zu dieser Stund keinen Willen hast, dich zu stürtzen, oder umzubringen, oder den türckischen Aberglauben anzunehmen, also in Kraft deines Vorsatz solst du dich von allen gottlosen Sünden und Lasteren stäts enthalten. Herentgegen jene, welche keinen wahren Vorsatz haben, machen ihr Beicht zu einem Kinderspiel, sie sündigen und beichten darauf, gleichwie zuvor.

Der heilige Thomas von Aquin lehret daß der kräftige Willen gute Mittel anwendet, und die Vollziehung des Wercks beobachtet, welches der leere Willen nicht thut. Der Leib-Artzt befraget den Krancken, ob er will gesund werden? ja freylich spricht er, das ist die Ursach, warum ich euch beruffen, und zu bezahlen begehre. So sey es dann, laßt uns diese von dem Brand, und Fäule angreiffende Wunde schneiden, und brennen, ohne dem ist nicht möglich euch zu helfen. Ich aber hab keinen Lust zu diesem Mittel, habt ihr keinen Lust zu deme, dann euer Verlangen gesund zu werden ist ein leerer Willen, indeme ihr das einige Mittel nicht wolt annehmen. Auf gleiche Weis fraget der Beich-Vatter das Beicht-Kind, wolt ihr gesund werden? die Antwort erfolgt, ja freylich, dewegen falle ich euch zu Füssen, und beichte meine Sünden: so nehmet wahr, was unser HErr Christus vermahnet, wolt ihr von GOtt Verzeyhung der Sünd, so verzeyhet eueren Feinden alle euch zugefügte Schmach. Lieber Beichtvatter, dieses kan nicht seyn, meinen Feinden verzeyhen fallet mir gar zu schwer, ja fast unmöglich. Da habt ihr den leeren Willen ohne kräftigen Vorsatz, weilen ihr nicht wolt annehmen dieses euch vorgeschriebene, und höchst-nothwendige Mittel, kraft dessen euerer Seelen Seligkeit zu erlangen wäre.


Einem andern wird der Beichtvatter zusprechen: Lieber Freund, das fremde Gut seyd ihr schuldig zuzustellen: die Ehr, welche ihr eueren Nächsten habt entnommen, gebet denselben wieder. Einem anderen wird der Beichtvatter befehlen: fort aus dein Haus mit jener Person, nemlich mit einem Schleppsack, die euch ein stätte Gelegenheit ist zu sündigen. Aber was geschiehet darauf? nichts als mit Entschuldigung begegnen die Beichtende ihrem Beichtvatter, und also wollen sie, und wollen doch nicht die Besserung ihres Lebens, daß sie aus Abgang des kräftigen Vorsatz von ihren Sünden nicht können loß gesprochen werden.

[947] Ein anders Kenn-Zeichen bringet angezogener Heil. Thomas noch weiter vor, und ist dieses: Vornehmen etwas, was doch bedunckt unmöglich zu seyn, werckstellig zu machen, das ist ein leeres, unkräftiges Vornehmen: gesetzt, du nehmest dir vor zu fliegen, und mit deinen Händen die Himmel und Stern zu begreiffen. Dieses Vornehmen ist leer und unkräftig, weilen solches einem Menschen zu thun unmöglich. Also auch beduncket es dir unmöglich zu seyn, daß du in keine Tod-Sünd fallest, nicht zwar durch die Zeit deines Lebens, sondern durch kein Monath, oder auch durch kein Wochen, wie kanst du dann mit diesem deinem irrenden Beduncken ein steiffen Vorsatz und kräftigen Willen haben, nicht mehr zu sündigen? Es geschieht, daß einer in der H. Char-Wochen sein Oesterliche Beicht verrichtet, er hat aber das Absehen, nach verwichenen Oster-Feyertägen in die begangene Sünd umzukehren: der Beicht-Vatter befraget ihn zwar, ob er ein steiffen Vorsatz habe nimmermehr zu sündigen? und er antwortet aber mit verlognem Hertzen, freylich ja, er habe kräftig bey sich beschlossen, von seinen Sünden abzustehen, und sein boßhaftiges Leben zu besseren.


O! wie viel geschehen dergleichen nichts werthe, ungültige Beichten? wievile Sacrilegia geschehen, aus Abgang des wahrhaften Vornehmen, und steiffen Vorsatz, von allen Tod-Sünden abzustehen? dann wo der steiffe Vorsatz ermanglet, da ist kein Entbindung von Sünden, da kan kein Sacrament nichts würcken.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 946-948.
Lizenz:
Kategorien: