Anderter Form.

Ein Witt-Frau beichtet also:

[1003] Ich arme Sünderin, etc. etc. gib mich schuldig von 3. Wochen her.


Ich bin in meinen täglichen Zuständen ungedultig, und kleinmüthig gewesen, ungefehr zehenmahl. Ich hab in meinem Gebett ausschweiffige Gedancken gehabt, und solche nachläßig ausgeschlagen schier alle Tag ein oder zweymahl. Ich habe unreine Einbildungen gehabt, und ich zweifle: ob ich darein verwilliget fünfmahl: meinen Kindern hab ich aus Zorn, und Ungedult Ueber-Nämen geben alle Tag zwey oder dreymahl. Die Unwarheit viermahl geredt, doch andern ohne Schaden. Dem Nächsten zweymahl übel nachgeredt: ich zweifle, ob ihme ein mercklicher Schaden daraus erfolge. Denen Ehehalten bin ich gar zu streng, und hart gewesen zweymahl. Ich hab mir das Zeitliche gar zu fast lassen angelegen seyn aus überflüßiger Sorg, und Mißtrauen auf GOtt, ungefehr viermahl. In zeitlichen, eitlen und unnöthigen Sachen hab ich die Zeit übel angewendt siebenmahl. Mein tägliches und gewöhnliches Gebett aus Nachläßigkeit unterlassen, viermahl. Den Armen wenig und mit Ungedult Allmosen gegeben.

Diese und alle andere meine vergessene Sünden, etc.


Was ist von dieser anderen Beicht-Form zu halten.


Antwort. Diese Witt-Frau hat eine rechte und förmliche Beicht gethan.

1. Weil sie sein ordentlich ihre Sünden erzählet, und gesagt, was [1003] sie mit Gedancken, Worten und Wercken begangen.

2. Weil die Zahl auch deren läßlichen Sünden hinzugesetzt, dann obwohl solches zu thun kein Schuldigkeit, so ist es doch ein Tugend, und Vollkommenheit eines frommen Christens.

3. Weil sie denen Sünden, so aus eigner Natur können schwer seyn, ein kurtze Erklärung hinzugesetzt, aus welchen der Beichtvatter hat abnehmen können, ob sie schwere oder läßliche Sünden gebeichtet.

4. Weil sie die gewisse Sünden für gewiß, die unzweifelhaftige unter einem Zweifel gebeichtet, welches in Sünden, die tödtlich seyn können, nothwendig soll gehalten werden.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 1003-1004.
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