47. Auff Malpurius

[238] Man sagt dem gantzen Raht sey das Gehirn verrückt,

Weil er Malpurius an frembde Höfe schickt;

Doch was findt man an ihm vor Tadel?

Ist nicht Malpurius von Adel?

Wahr ist es wenn er redt, versteht ihn niemand nicht,

Was schadt's, weil er Frantzösisch spricht;1

Zwar kennt er nicht das Recht der Völcker, noch die Wette

Der Reiche, doch er spielt Alumber und Bassette:

Dumm ist er nicht, er ist nur keck,

Er ist kein Narr, und nur ein Jeck.2


Fußnoten

1 Weil er Frantzösisch spricht. Und hierin bestehet die Thorheit vieler Deutschen, die lieber vor Narren gehalten werden wollen, indem sie eine Sprache sprechen, die sie nicht recht verstehen; als vor vernünfftige Leute, wenn sie sich ihrer eignen bedienten.


2 Er ist kein Narr und nur ein Jeck. Ob gleich der Unterscheid, den man zwischen einem Narren und Jecken machet, aus dem vorhergehenden Verse gnugsam zu ersehen, wenn man saget: Dumm ist er nicht, er ist nur keck, so hat man dennoch noch dieses hinzu zu setzen der Mühe wehrt geachtet, nemlich dass die scheinende Armuth unserer Sprache nicht von ihr selbst, sondern unserer wenigen Auffmerckung herrühre, indem wir uns nicht allein aus Eitelkeit Frantzösischer Worte bedienen, sondern auch offtmahls zwey Wörter vor Gleichgeltende halten, die doch einen unterschiedenen Verstand haben. Denn gleichwie, wie wir oben schon erwehnet, der Lateiner Ingenium und Judicium oder der Frantzosen Esprit und Jugement im Deutschen durch Witz und Verstand unterschieden werden, also ist es klar, dass zwischen einem Deutschen Narren und Jecken ein ja so grosser Unterscheid sey, als zwischen einem Frantzösischen Fou und Fat, oder einem Englischen Fool und Fob. Durch das Erstere giebt man eine Angebohrne und durch das Andere eine Angenommene, und unterweilen durch viel Müh' und Unkosten zu wege gebrachte Schwachheit zu verstehen. Eines kommt von der Dumheit, von der Keckheit aber das Andere. Ein armer und geringer Mann kan unterweilen Narrens genug seyn; aber ein Jeck zu seyn, das muss er woll den Reichen und Vornehmen überlassen.


Quelle:
Christian Wernicke: Epigramme, Berlin 1909, S. 238.
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