47. Auf die schöne Moeris

[277] Wenn Moeris mir im Aug' ihr Hertz zum Opffer bringt,

Und dass Sie ewig sey mein Eigen, mir zuwinckt;

So düncket mich es sey, bezaubert durch mein Glück',

Ein Buchstab jeder Strahl, ein Wort ein jeder Blick:

Die allgemeine Sprach'1 ist niemand sonst gemein;

Ihr Auge spricht, mein Hertz verstehet sie allein.


Fußnoten

1 Die allgemeine Sprach. Von einer Sprach darinnen sich alle Menschen in der Welt verstehen können, haben unterschiedliche Gelehrte viel Sprechens gemacht: ich weiss aber noch von keiner andern als von der, die die Verschnittene in dem Türckischen Serail, mit den Fingern; oder von der die die Verliebte durch die gantze Welt mit den Augen sprechen. Doch glaube ich nicht das diese letzte so vollständig als die erste sey; und dass man mit den Augen so woll als mit den Fingern sich einander eine gantze Geschichte erzehlen könne.


Quelle:
Christian Wernicke: Epigramme, Berlin 1909, S. 277-278.
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