54. Auf den Grafen von Strafford

[281] Ein ungemeiner Kopff der stets auff Hoheit dacht';

Der ein aufrührisch Volck erst wider Carl beschützte,

Hernach mit gleicher Kunst die Herrschafft unterstützte,

Und welche Seit' er nicht die beste fand, so macht'.

Der endlich standhafft war in der gerechten Sache,

Und einen schweren Tod durchs Henckers Hand erduldt',

Mehr, weil er viel vermocht', als dass er viel verschuldt;

Und so ein Opffer ward1 der Furcht und nicht der Rache.


Fußnoten

1 Und so ein Opffer ward. Er ward unter andern beschuldiget, dass er der Römischen mehr, als der Englischen Kirche zugethan wäre. Wesshalben als er vor das Gericht trat, und aus Ehrerbietung sich tieff gegen die anwesende neigte; so rieff ihm einer von dem Unter-Hauss mit lauter Stimme zu, dass er hier so viel Kniebeugens nicht bedörffte, sintemahl er kein Altar vor sich finde. Worauff der unerschrockene Graff mit so viel Fertigkeit als Sittsamkeit antwortete: So hoffe ich, man werde auch hier keines Opffers vonnöthen haben.


Quelle:
Christian Wernicke: Epigramme, Berlin 1909, S. 281.
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