47. Auf den Zweykampff der Horatier und Curatier

[310] Auf zweyen Leichen lag Rom halb schon überwunden;

Es ruht auf einer Hand nur noch das Haubt der Welt,[310]

Das wachsend in der Noht, Sieg in der Flucht gefunden,1

Und als die Macht zu klein, den Feind durch List gefällt:

Ihr Römer seyd getrost, euch glückt ein jeder Zug;

Ein eintzler Römer ist drey Feinden starck genug.


Fußnoten

1 Sieg in der Flucht gefunden. Die Sinnligkeit dieser zwey sonst wiederwärtigen Wörter, so wol als der folgenden Verse, stimmt mit der Wahrheit so wol überein; dass dieselbe mehr von der Sache selbst, als des Verfassers Witz geflossen zu sein scheinet, ut potius a causa, quam ab Oratore profecta videatur. Quintilianus, dem auch die itzt erwehnte Worte zugehören, hält dieses mit Recht vor den besten Witz. Optima minimé accersita, et simplicibus atque ab ipsa veritate profectis similia. Lib. 8. proem. Wannenhero man hoffet, dass der Leser denen zu gefallen den vorhergehenden Vers, als welcher von demselben Wehrt nicht ist, unangefochten mit durchstreichen lassen werde. Denn ob zwar der Gedancke: Dass das Haubt der Welt nur noch auf einer Hand ruhte, von denjenigen so leicht nicht wird getadelt werden, welche in den Florus, Vellejus Paterculus, Valerius Maximus und Seneca; oder unter den Poeten in den Claudianus und Lucanus verliebet sind; so bin ich doch gewiss, dass er den andern nicht anstehen werde, welche keine Regeln der Sinnligkeit vor richtig halten, als welche ihnen Cicero, Virgilius und Horatius vorgeschrieben haben.


Quelle:
Christian Wernicke: Epigramme, Berlin 1909, S. 310-311.
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