6. Auf Domitian und seinen Nachfolger Nerva

[448] Es war Domitian zu schlimm, und voller Wuht,

Und Nerva voller Furcht, und vor das Volck zu gutt;

Gleich schädlich das was der zuliesse,

Als das was jener andern hiesse.

Der erste war zu streng' und dieser sonder Krafft,

Zu Lasterhafft war der, und der zu Tugendhafft;

Ein wenig Laster macht' im Einen,

Dass man im andern sah' ein wenig Tugend scheinen:

Und Rom fand dass ein Reich so leicht zu Grunde geht,

Wo alles, als wo nichts frey steht.
[448]

Quelle:
Christian Wernicke: Epigramme, Berlin 1909, S. 448-449.
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