13.

Wie Leufrid des graffen kämerling ward, und wie er von dem graffen hinweggeschickt in einen wald kam, do fand er einen schönen pracken; was im mit disem pracken begegnet seltzam abentüwer.

[300] Nachdem Lewfrid von seiner junckfrawen dienst kummen und jetzund von dem graffen für sein kämerling angenummen ward, hielt er sich so wol, das im sein herr aller geschefft vertrawt, braucht in zů aller zeit in allen geschefften.

Eins tags begab sich, das Lewfrid von dem graffen gar ein ferr und weit reyß zů einem andern graffen geschickt ward, welcher seinen herrn nach verwandt was. Underwegen fügt sichs, das Lewfrid kam in einen grossen forst oder wald, in dem er gar verirren thet; reit also einen gantzen tag irrig in dem wald hin unnd her, wenig wissen mocht, wo er was. So es gegen abend wirt, so erhört er von verrem ein gefert, dobey er abnam, das man in dem wald jaget. Das nam er im ein trost, verhoffet, so er zů den jegern kem, sie wirden in wol auß dem wald füren. Unlang darnach so kumpt zů im ein schöner weysser prack, derselbig hat seinem jeger den windstrick zerrissen, den hals aber oder halsband trůg er noch an ihm. Der prack was auff einem hirschengespor gar verschossen; dann im der hirsch durch ein groß wasser entrunnen was. Solchs macht, daß er das gespor nit mer haben möcht. Alsbald er Lewfriden ersehen ward, lieff er zu im und sprang vor freüden an im auff. Lewfrid zartet dem hund gar freüntlich und sagt: ›Lieber mein prack, ich wolt, du verstündest mich meiner wort; wolt ich so vil mit dir reden, du wirdest mich auß disem forst und rauhen walt füren.‹ Der prack begert bey zů bleiben; dann er nit fürbaß auff dem gefert beharren wolt. Do das Lewfrid mercket, nam er im für, den weg zů reiten, daher der prack kummen was, endtlich vermeynet, er wolt jeger finden. Der prack folget im mit freuden und lieff seinem pferd stetigs vor. Nit lang verging, in auff ein wolgebanten weg bracht; derselbig[301] gieng an einem wildhag hinauff, auff der andren seiten aber was ein mechtig groß wasser. Sie kamen an einen underlaß, daselb hatten die jeger ein groß feür gehabt. Lewfrid stund ab von seinem pferd, fand noch hew und fůter, so der jeger pferd über gelassen hatten. Er leget das seinem pferdt für, daß nams zů gůt an. Also blib Lewfrid mit dem pracken die gantz nacht; dann er sorget, so in die nacht übereilet, er mocht noch ferrer in dem wald verirren.

Als aber die nacht vergangen und der ander tag an himmel brach, Lewfrid wider uff zů roß saß, ritt also, biß er dem wald ein end kam. Er reit der strassen nach und kam an ein brucken, die trůg in über das groß wasser. Auff der ander seiten des wassers ersahe er ein kleines heußlin, darvor sah er ein alten man, der flicket seine netz und fischergarn. Lewfrid reit zů im, grůßt in gar frintlich, deß ihm der alt man danck saget. ›Lieber vater,‹ sagt Lewfrid, ›ich bit, wöllend mich weisen, damit ich zů den leuten kommen mög. Dann ich sidher dem gestrigen morgen im wald irr geritten bin, weyß gar nit, in welcher landsart, wo oder in welches herren land ich sein mag.‹ Der gůt alt man hat groß mitleiden mit ihm, fragt, ob er auch so lang nichts gessen hett, dieweil er in dem wald irr geritten wer. ›Sicher ja,‹ sagt Lewfrid, ›mich belanget dest mehr zů leuten zů kommen, damit ich mich des hungers möcht ersettigen.‹ – ›So steigendt ab,‹ sagt der alt, ›mein weib soll euch zů essen machen.‹ Das nam Lewfrid an zů grossem danck, stund ab, gieng in des fischers heußlin. Sein weib machet im zů essen, was sie güts gehaben mocht. Lewfrid aß mit grossem lust; dann im der hunger im bauch was, der machet ihm lust zů essen. Nachdem er nun wol gekröpfft, letzet er sich mit des fischers weib, saß wider auff, dancket dem alten man seiner speiß gar früntlich, fragt in nach der rechten strassen; die zeigt er ihm gar tugendtlichen.

Also schied Lewfrid von dannen, reit weiter seinem geschefft nach. Als er nun die verricht hat, reit er wider heimwertz, und als er wider in die landtschafft kam, do er den schönen pracken funden. Der herr aber, so den forst innhatt, was gantz traurig umb den pracken, ließ derohalb an allen orten, stetten und flecken befragen, ob er seinen[302] pracken erfaren möcht. Von ungeschicht begab sich, das Lewfrid bey einem wirt über nacht bleiben můßt, welcher sondern befelch von dem forstherren empfangen von deß pracken wegen. Leuwfrid besorget sich keines argen, zoh sein pferdt inn den stall, gieng demnach mit seinem pracken in die stuben. Der wirt empfieng in mit gůten worten und aber mit falschem hertzen; dann er kandt den pracken fast wol. Er befalch einem seinem knecht, er solt eilens auff ein gaul sitzen, zů dem forstherren reitten und im anzeygen, der prack wer vorhanden, das er eilens einen botten darnach schicken wolt; dann es wer ein frecher jüngling, so den pracken mit im füret; er treüwt ihm den nit allein abzůgewinnen, wie sich dann nachmals wol beschein.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 300-303.
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