51.

Wie Lewfrid zů dem graffen kam in einsidelsgestalt, und wie in der graff in sein gemach, mit im füret.

[396] Deß morgens frü stund Lewfrid uff, nam urlob von seinem mitbrůder, dem einsidel; der wünschet im vil glücks zů seinem fürnemen, auch das er einen gnedigen herren haben möcht. Also macht sich Lewfrid eilens uff und kam für die porten, eh dann sie geöffnet ward. Er saß darvor, biß sie auffgienge. Do zoh er hinein, ging in die kirchen und wartet, wann sein brůder Walter kommen thet; dann er mit im dermassen abgeredt hatt, das er sein in der kirchen warten wolt.[396]

Es verging nit lang, Walter und der schiltbůb kamen mitnander. Sie waren seiner zůkunfft seer fro. Walter sagt im alles das, so er von dem graffen gehört hat. Davon gewan Lewfrid nit ein kleinen trost. In solcher weil stund der graff auch auff, legt sein gewand an, lag demnach an einem laden in seinem gemach, horte dem gesang der vögel zů, davon er sich dann größlich erlustiget. Der schiltbůb aber hatt den graffen an dem fenster ersehen, sagt das den beyden junglingen an. Walter saumet sich nit lang, füget sich für des graffen gemach, klopffet gantz seüberlichen an. Des graffen kammerbůb schloß zůhand das vordergemach auff, fraget Waltern, was sein geschefft wer. Walther sagt: ›Ist mein herr auff, so wöllest mich im ansagen; dann ich hab etwas nötigs bei ir gnaden außzůrichten.‹ Der knab saget es dem graffen.

Sobald er nun Waltern ersehen hat, gedacht er im von stund an, Lewfrid wer vorhanden. Walter thet dem graffen sein reverentz, wunscht im ein glückseligen morgen. Der graff dancket im gar früntlich, fragt in und sagt: ›Walter, was bedeutet dein frües anklopffen? Sag, ist etwas newes vorhanden?‹ – ›Gnediger herr,‹ sagt Walter, ›der einsidel, von dem ich ewer gnaden auff den gestrigen tag gesagt hab, der ist schon vorhanden.‹ – ›Das hör ich gern,‹ sagt der graff, ›sag mir, Walter, wo ist er?‹ – ›Gnediger herr,‹ sagt Walter, ›er sitzt in der kirchen und wartet, was im ewer gnad für ein bescheydt geben wölle.‹ – ›So gang hin,‹ sagt der graff, ›und sag im, das er zů mir hinden an meinem gemach in den garten komme! Da wend wir uns nach aller notdurfft mitnander ersprachen.‹ – ›Das soll eilens geschehen,‹ sagt Walther. Er ging eilens hin zů Lewfriden, sagt im des graffen befelch.

Lewfrid fügt sich von stund an in den garten, do fand er seinen herren gantz einig sonder alle diener. Lewfrid fiel dem graffen zů fůß und sagt: ›Ach gnediger lieber herr mein, ich armer diener bit euwer gnad durch gott, mir zů verzihen; dann ich gar größlichen wider euch gesündiget hab.‹

Der graff sagt: ›Lewfrid, stand auff und biß getrost! Dir ist alles vergeben, so du je wider mich gethon hast, wiewol ich dir solchs nie vertrewt hab. Dieweil aber das gelück dir dermassen so gar günstig ist, kan ich je nit darwider fechten.[397] Ich sihe, das alle menschlichen ratschleg wider den willen des allmechtigen nichts vermögen außzůrichten. Darumb so laß ich es alles faren, und wirt jetz nichts nöters sein, dann das wir ratschlagen, wie doch der sachen zů begegnen sey, damit ich dannocht nit von anderen rittern unnd graven getadlet werd. So wer mein erster raht unnd entliche meynung, du zügest an des künigs hoff und beklagtest dich meiner ungnaden. So weyß ich den künig dir dermassen so günstig und genedig, das er nit lassen wirt und mir eylens zůschreiben, das ich dich in gnaden auffneme. Sodann mag ich mich gegen menigklich entschuldigen und sagen: Der künig hat es also mit mir geschaffet, den hab ich je nit dörffen erzürnen. So du aber ein geschicktern und füglichen weg weyßt, magstu mir denselbigen anzeigen.‹

Lewfrid sagt: ›Gnediger herr, ich bit, eüwer gnad wöll mir nit verargen und mir vergünnen zů reden. Ich hab mir gentzlichen fürgenummen, dem künig ein zeit lang zů dienen, damit ich in ritterlichen thaten auch etwas geübt und erfaren werd. Ich bin bericht worden von etlichen des künigs hoffgesind, wie das der künig etlich reysiger mustern werd, dieselbigen dem künig auß Castilien zů schicken; dann er gar gewaltiklich von dem auß Gallitien überzogen wirt. So dann semliche reyß fürgon solt, wer es gar ein gelegene sach für mich. Ich wolt mich auch für ein reisigen lassen bestellen unnd mich dermassen underston in den handel zů schicken, das ich nicht kleine ehr und rhům darvonbringen wolt. Welchs ist mein entliches vorhaben, will und meynung, wird auch sunst kein rů haben weder tag noch nacht, meinem willen sey dann ein genügen geschehen. Damit mag ich mich vor affterred bewaren, das nit etwann meiner mißgünstigen einer sagen möcht: Was hat doch Lewfrid gesehen, in welichen scharmützel oder schlacht ist er gewesen, und bricht sich dannocht so hoch harfür! Diß zů fürkummen, weyß ich mir kein gewisseren weg, dann wie ich eüwer gnaden erzalt.‹

Solche meynung, so Lewfrid vor im hat, gefiel dem graven auß der massen wol, sagt auch Lewfriden zů, in auff das best mit roß und mit harnasch zů versehen, im auch einen bůben zů geben, damit im sein bstallung bey dem künig gebessert[398] würde. Wie sie also in dem garten in die zwo stund bey einander gewesen, fürt der graff Lewfriden mit im in sein gemach, gab im andere kleidung, hieß in den kotzen von im legen. Jedoch erfůr er zůvor von ihm, was ihn doch in sollich kleyd zů schlieffen verursachet hat, das alles im Lewfrid nach der lenge erzalet.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 396-399.
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